26. Bundeskongress (Juni 2020)

Inhaltsverzeichnis

 

Teil 1

A1. Leitantrag

A5. Gegen die Kriminalisierung und Diskreditierung von Palästina- Solidarität

A7. Online Veranstaltungsreihe „Rassismus – Polizei – Gewalt“

A8. Seminar zur Geschichte der Arbeiter*innenbewegung

A10. Solidarisierung und Unterstützung #BlackLivesMatter
A12. Kinderbetreuung bei Bundeskongressen
A16. Seminar Social Media von Links
A17. Internationalismus und Solidarität ist unsere Antwort auf die Krise
A21. Neue Fahnen für den Verband
Teil 2 (Beschlossen am 13.10. durch den Bundesvorstand)
A2. Kritische Männlichkeit: Reflektion über sexistische Gruppendynamiken
A6. Wir müssen über unsere Demokratie reden
A9. Für eine sozial-ökologische Verkehrswende gemeinsam mit Gewerkschaft und Klimagerechtigkeitsbewegung!
A11. Mehrheiten kennen keine Abkürzungen!
A13. Keine*n opfern, alle bilden! Schluss mit der marktorientierten Normalität.
A18. Hoch die intersektionale Solidarität!
A19. Feminismus in Zeiten von Corona

 

A1. Leitantrag

Salopp formuliert, waren die letzten Monate für die Gesellschaft ein Crashkurs der Kapitalismuskritik. Eine Pandemie verstärkt die wirtschaftliche Krise und verdeutlicht, wo das kapitalistische System unmenschliche Verhältnisse produziert, die sich in Krisenzeiten verschärfen und dass dieses System weder nachhaltig noch krisenfest ist.

Die Krise – Bestandsaufnahme

Menschen im Niedriglohnsektor, die sogenannten systemrelevanten Berufsgruppen, wie Pflege und Handel, Alleinerziehende, FINT (Frauen/Intersexuelle Personen/Nicht- binäre Personen/Trans- Personen), Kinder und alte Menschen, aber auch Kulturschaffende, Gastronomiemitarbeiter*innen und Solo-/Scheinselbständige bleiben in dieser Situation auf der Strecke. Trotz der politischen Auseinandersetzung, welche Berufe als systemrelevant erachtet werden, ändert sich an den prekären Arbeitsverhältnissen nichts, im Gegenteil, sie werden weiterhin schlecht bezahlt und müssen in der Corona-Krise längere Arbeitszeiten hinnehmen, oft ohne einen ausreichenden Schutz vor Infektionen. Es zeigt sich aber auch, dass in diesen Berufsgruppen gerade die FINT* die Systemtragenden unserer Gesellschaft sind.

Versagen der Regierung

Von der neoliberalen Regierung ist nichts Progressives zu erwarten – sie ist Teil der Krise. In doppelter Aufstandsbekämpfung werden Waffendeals und die Rettung von Fluglinien gegen den Willen der in Isolation geschickten Bevölkerung durchgedrückt. Eine progressive Krisenbewältigung müssen wir selber in die Hand nehmen. Mit dem Ende der Schuldenbremse schaffen wir die Möglichkeit dringend benötigter Investitionen in u. a. die Rekommunalisierung und damit Demokratisierung der Krankenhäuser, welche aktiv gegen Corona-Pandemie hilft.

Während die Bundesregierung Rettungsschirme für die Konzerne spannt, werden die Schwächsten unserer Gesellschaft im Regen stehen gelassen. Während die einen ins Homeoffice geschickt werden, verlieren die Anderen ihren Job oder erhalten Kurzarbeiter*innengeld, das für viele nicht alle Kosten deckt.

Der Ausnahmezustand wurde dafür genutzt das Arbeitszeitgesetz auszuhöhlen und für systemrelevante Berufe eine Arbeitszeit bis zu 12 Stunden einzuführen. Das ist eine historische Zäsur, der unter massiver Gewalt erkämpfte 8 Stunden Tag wurde ausgesetzt. Wir sind uns bewusst, dass sich durch die autoritäre Krisenreaktion die Kampfbedingungen der Arbeiter*innenklasse massiv verschlechtert haben. Dem gilt es mit dem Kampf um Wirtschaftsdemokratie zu begegnen.

Mit dem Lockdown werden aber auch Türen geschlossen, hinter denen nicht selten häusliche Gewalt passiert. Das Zuhause wird zur Verschleierung und Einrede von Eigenverantwortung romantisierend zum Schutzraum verklärt, entgegen der durchzusetzenden gesellschaftlichen Lösungen durch Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge. Obdachlose Menschen bleiben wiederum vor geschlossenen Türen stehen, weil Wohnungsloseninitiativen eben nicht einer Profitlogik entsprechen und damit nicht fortgeführt werden können. Ganz unverhohlen nennt die Regierung das Konjunkturpaket eine „mutige Antwort“ oder behauptet einfach nur es habe„Wumms“. Im Paket taucht nicht einmal das Wort Studierende auf, „Unternehmen“ 34 mal.

Auch das bereits kaputt gesparte Gesundheitssystem ist auf die Krise nicht vorbereitet. Schon vorher gab es in den Kliniken einen Pflegenotstand und Pflegekräfte, die unter schlechten Arbeitsbedingungen und Überlastung litten. Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung können von ihren Familienangehörigen nicht besucht werden, was eine zusätzliche psychische Belastung darstellt.

Queere Menschen, POCs, Migrant*innen und Menschen mit Be_Hinderung bekommen dabei die Folgen einer unterfinanzierten öffentlichen Daseinsvorsorge, Diskriminierung auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt und auch Gewalt am stärksten zu spüren. Die Krise trifft sie am härtesten. Und auch ihre Not wird von der Bundesregierung ignoriert.

Bildungssystem in Not

Die Corona-Krise verschärft die bereits prekäre Situation von Auszubildenden, Studierenden und Wissenschaftler*innen. Befristete Arbeitsverträge, Jobverlust und finanzielle Notlagen sind ein Teil ihrer Lebensrealität.

Wegen bisher bewusster (bildungs-)wissenschaftlicher Kritik an der Digitalisierung der Hochschulbildung, weil Onlinelehre niemals lebendige Lernprozesse in Präsenz ersetzen kann, herrscht in dem zwangsverordneten Online-Semester eine Unsicherheit über die Ausgestaltung des gesamten Studiums. Durch Mängel in der technischen Ausstattung und beim Zugang zum Internet werden die bestehenden Exklusionstendenzen verschärft. Die Hochschulen benötigen keine durch Bertelsmann und Co KG begleitete Digitalisierungsstrategie, sondern eine Humanisierungstrategie.

Das online-Semester bedeutet Mehraufwand, der von oben nach unten gegeben wird. Studentische Hilfskräfte und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen, die vorher schon über ihre vertraglichen Arbeitszeit arbeiten mussten, werden nun noch stärker unter Druck gesetzt. Ebenso stehen Lehrstühle, die schon vorher nicht viele Mittel hatten, nun noch schlechter da.

Das von den Jugendorganisationen und Studierendenvertretungen vorangetriebene Solidarsemester und Kann-Semester, als Antwort der Jugendverbände auf die Krise, finden beim Bildungsministerium kein Gehör. Stattdessen werden sie nach langer Stille mit Hilfsangeboten wie zinsfreien Darlehen abgespeist, die sie in eine Schuldenfalle treiben. Es folgt auch keine überall gültige Aussetzung der Regelstudienzeit, die Auswirkungen auf Finanzierung durch BAföG, Stipendien, Studienkredite etc. hat.

Politische Präsenz: Notwendig

Durch den Lockdown kommt es aber auch zur Einschränkung politischer Teilhabe an Hochschulen und anderen politischen Räumen. Gewerkschaftliche Arbeit wird erschwert, da gerade Streiks nicht möglich sind, Demonstrationen, wie von FFF, fallen aus. Das Bündnis „Seebrücke“ konnte mit seiner Kampagne LeaveNoOneBehind eine breite Masse erreichen und wurde zum Vorreiter für Onlineproteste, dennoch können auch diese keine gemeinschaftliche Solidarität auf den Straßenersetzen. Die darauffolgenden Hygienedemos, ausgelöst durch Verschwörungen und Desinformationen, wurden von Rechten genutzt, um ihre perfiden Parolen zu verbreiten.

Internationale Solidarität sichern

Die Corona-Krise bedeutet auch eine Krise der internationalen Solidarität. Die fehlende Reaktion der EU auf die Missstände im Geflüchtetenlager Moria und fehlende Maßnahmen, die zur Rettung der Geflüchteten beitragen, sind ein Ausdruck eines menschenverachtenden Systems. Denn diese Menschen werden der Corona Pandemie schutzlos ausgesetzt. Auch trifft die Coronakrise unterschiedliche Staaten unterschiedlichen stark. Auch innerhalb Europas ist zu erwarten, dass aufgrund der durch EU-Austeritätspolitik aufgelegten Sparauflagen z.B. Italien oder Spanien wirtschaftlich überproportional betroffen sein werden.

Fluchtgründe sind neben einer politischen sowie wirtschaftlichen Destabilisation vor allem durch Konflikte und Kriege bedingt. Während in Deutschland der Betrieb von Unternehmen durch den Lockdown größtenteils eingeschränkt wurde, ging die Produktion in den Rüstungsschmieden wie Rheinmetall oder Krauss-Maffei-Wegmann weiter. Eine deutsche und europäische Friedenspolitik ist nur auf lange Zeit möglich, deshalb müssen Fluchtursachen konsequent bekämpft werden. Dies bedeutet bspw. ein Ende der Rüstungsexporte – vor allem an Drittstaaten sowie an Länder die an Konflikten und Kriegen beteiligt sind.

Das Coronavirus breitet sich global aus, aber bekämpft wird es v.a. auf staatlicher Ebene und einige Staaten nutzen das Virus sogar als Waffe gegeneinander. Die USA beispielsweise haben während der Pandemie die Wirtschaftssanktionen gegen Staaten wie Kuba, Venezuela, Syrien und Iran verschärft, wodurch die Ausbreitung des Virus begünstigt wird. Auch Kriegsdrohungen und provokative Manöver setzen sie und die NATO fort, z.B. gegen Venezuela, Russland und China.

Hoffnung auf Solidarität

Einen Hoffnungsschimmer bilden die vielen Solidaritäts-Initiativen inmitten der Corona Pandemie. Unsere Bildungsveranstaltungen, bei denen hunderte Genoss*innen und Interessierte zuschauten, die weitergehende Arbeit einiger Genoss*innen in der Vernetzung mit ÖPNV-Beschäftigten und nicht zuletzt die Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA sowie die weltweite Kampagne #BlackLivesMatter. Es ist wichtiger denn je unseren Beitrag für die Rechte der Black, Indigenous People Of Color, Geflüchteten, von Rassismus Betroffenen und Migrant*innen zu leisten. Was ist unsere Rolle in dieser neuen Sachlage, was unsere Antwort?

Die Linke.SDS und seine Rolle Ein Hochschulpolitischer Verband

Geschlossene Hochschulen erschweren es uns als Studierendenverband massiv, unsere volle Wirkungskraft zu entfalten. Der drohenden politischen Isolierung konnten wir zunächst durch ein Angebot von Videokonferenzen entgegnen. Ebenso ein Bildungsangebot über zoom konnten wir schneller als andere Organisationen realisieren und anbieten. Die große Reichweite in das studentische Milieu und die rege Teilnahme an den Bildungsveranstaltungen bestätigten unsere Anstrengungen. Auch Social-Media-Auftritte bzw.unsere journalistische Arbeit gehören seit jeher zur öffentlichkeitswirksamen politischen Arbeit für uns. Diese nun auszubauen kann nicht ausbleiben und ist notwendig.

Dennoch: Als sozialistisch-demokratischerStudierendenverband mit mehr als 60 Basisgruppen – allesamt verankert an Universitäten und Hochschulen – bleibt unser großes Arbeitsfeld der Campus. Die reale Abwesenheit am Campus stellt unsere Basisgruppen vor Schwierigkeiten. Die kommende Krise, in der schon jetzt mehr als 40 % der Studierenden ihren Job verloren haben und der Bund und die Länder kaum helfen, wird Spannungen verschärfen und macht unsere politische Anwesenheit dringend nötig!

Während Kinos, Restaurants oder Fitnessstudios bereits von den Lockerungen profitierten (und bei vielen Fabriken die Produktion nie stoppte),planen zahlreiche Hochschulen schon mit Schließungen im kommenden Semester. Aber Hochschulen sind Orte der Wissenschaft, des Miteinanders, des Austauschs und der politischen Teilhabe. Eine dauerhafte Schließung lässt diese Orte absterben, und sie weiterhin zu schlichten Lernfabriken verkommen. Und wo Studierende nur zu Hause und vor Computern sitzen, lassen sie sich nur erschwert erreichen!

Es gilt: Weiter machen!

Erstis über kritische Einführungstage oder -wochen zu erreichen, ist in der nächsten Zeit nicht mehr möglich. Sie sind aber wichtiger Bestandteilunserer Verankerung und Gewinnung von Neumitgliedern. Als Aktive in Fachschaften, StuRä und ASten mit einem Politikverständnis, das die Interessen der Mehrheit der Studierendenschaft vertreten will, ist Sichtbarkeit, Austausch und Bildungsarbeit am Campus außerdem unvermeidlich.

Das sind nur Beispiele, die aufzeigen, welche Notwendigkeit eine Neuorientierung für uns darstellt. Eine Öffnung der Hochschulen ist wichtiger Bestandteil unserer Verankerung und Organisierung. Öffnungsforderungen sind aber nicht gleichzusetzen mit der Forderung „Zurück in die Normalität“.

Als Die Linke.SDS stellen wir uns deshalb hinter die Forderungen des Bündnisses #Solidarsemester. Denn Online-Lehre kann und darf die Präsenzlehre nicht ablösen. Blended-Learning, d. h. die Integration digitaler Lehre in Präsenzlehrangebote, sollte mittel- bis langfristig ausgebaut werden.“ Wir erweiterten diese Forderungen mit unseren eigenen sieben zur aktuellen Lage. Wie z.B. dem Erlass von Mieten oder von Semesterticketbeiträgen.

Als SDS sollten wir unsere Erfahrungen an den Hochschulen und unsere wissenschaftspolitische Kenntnis dafür nutzen, innerhalb der Solidarsemesterkampagne die aktuellen Punkte bezogen auf die Corona Krise mit den Hintergründen des Bildungssystems zu verbinden. Nur wenn wir, etwa am Beispiel der Prüfungsordnungen, die Forderung nach zusätzlichen Freiversuchen im Sommersemester mit der allgemeinen Kritik am sich intensivierenden Bologona-Prozess verbinden, gelingt es uns nachhaltig eine solidarische Hochschulpolitik voranzutreiben.

Die Linke.SDS muss sich der Herausforderung der Krise und einer weitgehenden Digitalisierung stellen. Wie erreichen wir hierbei Kommiliton*innen? Wie sieht Hochschulpolitik und Widerstandspraxis in der Zukunft aus?

Diese Fragen zu beantworten, ist der Schlüssel kommende Kämpfe an die Hochschulen und an den Campus zu tragen. Ihre Beantwortung muss für uns oberste Priorität haben!

Drei-Punkte-Perspektive

Der Anstrengung gegen die Klimakrise, die Ausweitung und Verstärkung queer-feministischer Kämpfe, die Auseinandersetzungen rund um das Solidarsemester, die großen antirassistischen Demonstrationen weltweit unter #BlackLivesMatter haben nicht nur riesiges Mobilisierungs-, sondernOrganisierungspotential.DieKämpfewerdensichinZukunftzuspitzenundausweiten. Als Verband müssen wir die Stimmen der Leidtragenden der Krise, auch und vor allem marginalisierter Gruppen, hören und weitertragen, um mindestens unterstützender Teil ihrer Kämpfe zu werden. Unsere Mitmenschen können das kapitalistische System nicht mehr ertragen, dort müssen wir sie abholen! Drei Punkte, wie das aussehen kann:

1. Die Größe und auch der Umfang der Krise ist uns noch nicht bewusst. Dass wir noch keine passgenauen Antworten für die derzeitigen Herausforderungen haben, ist nicht schlecht. Schlecht wäre, nicht zu handeln. Deshalb wollen wir den internen Austauschinnerhalb des Verbandes stärken. Formate wie die Strategiedebatte, die zoom Bildungsveranstaltungen, aber eben auch reale Zusammentreffen wie Sommerakademien oder Verbandswochenenden geben dringend nötigen Raum für sozialistische Visionen und deren Ausgestaltung. Sie sollen auch in Zukunft erhalten und ausgebaut werden. Hier können wir lernen, wie wir für brennende Probleme Lösungen finden. Wir wollen mehr Ortsgruppen und Genoss*innen in gemeinsame Projekte (landes- oder bundesweit) einbinden, Hürden bei Wissenshierarchien abbauen und mehr Transparenz über die Bundesebene schaffen. Nur ein Verband mit solidarischer und vor allem vitaler Debattenkultur kann mit Mut auf die kommende Zeit blicken.

2. Trotz aller Schwierigkeiten der Onlinelehre erreichen wir eine Menge Menschen. Als Studierendenverband müssen wir uns überlegen, wie wir uns für die öffnen, die nun und in den kommenden Monaten nach Antworten suchen. Eine davon sollte ein einfaches und überzeugendes Konzept zur Organisierung sein. Es kann einen wichtigen Unterschied hinsichtlich der kommenden Kämpfe machen, ob Die Linke.SDS bundesweit 650 Aktive oder eben 1000 hat.

3. Jetzt schon zu wissen, was in den nächsten Monaten passieren wird, ist unmöglich. Umso wichtiger ist der ständige Austausch und die Kooperation mit der Linksjugend, den Gewerkschaften und den verschiedensten bewegungspolitischen Akteuren. Durch ständige Vernetzung und Austausch haben wir ein Ohr an der Gegenwart. Beim Reagieren auf die Krise ist ein gemeinschaftliches Handeln unverzichtbar,_lasst_es_uns_also_anpacken.

Schluss

Als Sozialist*innen wissen wir, dass die Welt sich nicht ändert. Sie wird verändert. Von Menschen. Egal ob Rassismus oder Ausbeutung, die Menschen spüren in Zeiten der Corona Krise die Widersprüche und die Unmenschlichkeit des kapitalistischen Systems noch stärker als sonst. Nie war es wichtiger für eine Welt frei von Ausbeutung, Krieg und Diskriminierung zu kämpfen.

 

A5. Gegen die Kriminalisierung und Diskreditierung von Palästina- Solidarität

Die Linke.SDS veröffentlicht folgende Stellungnahme über ihre Social Media Kanäle und schließt sich dem Beschluss des Parteivorstands vom 6.6.2020 „Nein zur Annexion des Westjordanlandes“ an.

Gegen die Kriminalisierung und Diskreditierung von Palästina-Solidarität

Antisemitismus ist weltweit und in Deutschland ein gravierendes Problem, das beweist nicht erst der rechtsradikale Terroranschlag auf eine Synagoge in Halle im Oktober 2019, bei dem es fast zu einem Blutbad an Jüd*innen gekommen ist. Als Antifaschist*innen stellen wir uns wo wir nur können Faschist*innen und antisemitischen Einstellungen im Alltag in den Weg, denn es ist für uns eine Pflicht, dass sich das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte in Form des Holocausts niemals wiederholt. Auch wäre es eine Illusion zu behaupten, dass es Antisemitismus innerhalb der radikalen Linken nicht geben würde, weswegen erhöhte Sensibilität und Selbstreflexion in Bezug auf Antisemitismus in unseren eigenen Reihen eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

Was uns aber auch besorgt ist der zunehmende Missbrauch des Antisemitismus-Begriffs, um pro- palästinensische Stimmen zu kriminalisieren und Kritik an Israels völkerrechtswidriger Besatzungs- und Siedlungspolitik mundtot zu machen. Eine Politik, die, ginge es nach der Regierung Netanjahu/Gantz, palästinensisches Land im Westjordanland entgegen des Völkerrechts enteignen und annektieren will (siehe hierfür Beschluss des Parteivorstandes Die Linke 6.6.20).

Mitte November 2019 entschied die Hochschulrektorenkonferenz die Antisemitismusdefinition der „International Holocaust Remembrance Alliance“ zu übernehmen und die pro-palästinensische Kampagne „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) als antisemitisch einzustufen sowie aus Hochschulen zu verbannen. Die Antisemitismusdefinition der „International Holocaust Remembrance Alliance“ wird von über 40 jüdischen Organisationen für ihre Vermischung von Antisemitismus und legitimer Kritik an Israel kritisiert. Im Bundestag wurde 2019 eine Resolution verabschiedet, die die BDS-Kampagne als antisemitisch brandmarkt und ihre repressive Kriminalisierung forciert. Dieser Bundestagsbeschluss wurde von 240 namhaften israelischen und jüdischen Akademiker*innen in einer Stellungnahme scharf verurteilt.

Auch wir verurteilen die zunehmende Kriminalisierung und Diskreditierung von pro- palästinensischen Gruppen und Bewegungen wie BDS. Ob Boykottaufrufe gegen Israel sinnvoll sind oder nicht, ist in erster Linie eine strategische Frage, die sicher diskutabel ist, aber wir halten es für falsch diese mit Antisemitismus gleichzusetzen. Auch die Forderung nach einem vollständigen Rückkehrrecht von palästinensischen Geflüchteten nach Israel hat mit Antisemitismus nichts zu tun. Zudem finden wir es erschreckend, wie sich große Teile der Linken in der BRD, vor allem aus dem sogenannten „antideutschen“ Spektrum, an solchen Hetzkampagnen gegen linke Jüd*innen und pro-palästinensischen Aktivist*innen beteiligen und sich damit zum Handlanger einer rechten israelischen Regierung machen. Es ist eine gefährliche Entwicklung, die auch grundlegende demokratische Grundrechte immer mehr bedroht. Exemplarisch ist da z.B. auch die Hetzkampagne gegen den Historiker Achille Mbembe.

Diese Art der Palästinadiskreditierung steht im Widerspruch zu linken Zielsetzungen wie der Durchsetzung von Menschenrechten oder dem Kampf gegen Aufrüstung und Besetzung. Ohne damit den Anspruch zu erheben, den Nahostkonflikt von Deutschland aus lösen zu wollen, sollten wir deshalb als sozialistischer und internationalistischer Richtungsverband innerhalb der Partei gegen solche Stimmen in der LINKEN argumentieren, um innerhalb der LINKEN eine friedensorientierte Haltung zur Lage im Nahen Osten zu stärken, die die Durchsetzung von würdigen Lebensbedingungen aller dort lebenden Menschen zum Ziel hat.

Um die Annexionsplänen der rechten Netanjahu/Gantz-Regierung zu verhindern, wäre gemeinsame internationale Solidarität mit den Palästinenser*innen gerade jetzt sehr wichtig. Sie wird aber durch das Vorgehen der genannten Akteur*innen immer wieder untergraben, bzw. sabotiert.

Vor allem wird dadurch aber fatalerweise vom wirklich wichtigen Kampf gegen echten Antisemitismus in der zunehmend erstarkenden Rechten abgelenkt, der dringender ist denn je.

 

A7. Online Veranstaltungsreihe „Rassismus – Polizei – Gewalt“

Der Bundeskongress beschließt die Durchführung einer online Veranstaltungsreihe zum Themenzusammenhang Rassismus und Polizeigewalt mit dem Titel „Rassismus – Polizei – Gewalt“. Die Veranstaltungsreihe zielt darauf ab, die Kritik an der Polizei vonseiten der Black Lives Matter Bewegung als Ausgangspunkt für eine kritische Auseinandersetzung mit strukturellem Rassismus und Polizeigewalt in Deutschland zu nehmen. Die Veranstaltungsreihe soll sich auch mit den historischen Gründen für die starken rechten bis rechtsradikalen Tendenzen befassen, die in autoritären Strukturen wie der Polizei nicht zufällig sind. Neben den Problemen sollen dabei auch Ansätze zur Lösung wie „Defund the Police“ thematisiert werden, im Sinne einer emanzipatorischen Umgestaltung der Gesellschaft. Um der Aktualität der Thematik gerecht zu werden, wird die Veranstaltungsreihe so bald wie möglich durchgeführt.

 

A8. Seminar Geschichte der Arbeiter*innenbewegung

Die Linke. SDS organisiert im Jahr 2020 bzw. 2021 ein Seminar zum Thema „Geschichte der Arbeiter*innenbewegung“.

Zur Notwendigkeit:

Als Sozialist*innen sollten wir uns intensiver als bisher mit der Geschichte linker Kämpfe und Bewegungen auseinandersetzen. Nicht nur um diese Geschichte als würdiges Erbe zu erhalten, sondern auch um zu studieren, wie in den vergangenen Jahrhunderten die Arbeiter*innenklasse sich formiert, organisiert hat und Kämpfe gegen die Herrschenden geschlagen, verloren, aber auch gewonnen hat, um damit Erkenntnisse für die Analyse gegenwärtiger und zukünftiger Verhältnisse, sowie Handlungsinspirationen für aktuelle Auseinandersetzungen mit dem Kapital zu gewinnen. Die Aufarbeitung theoretischer Erkenntnisse und die Einordnung in ihre jeweilige Zeit kann uns helfen, bei der Auseinandersetzung mit dem aktuellen Kapitalismus besser zu werden. Die Beschäftigung mit politischen Debatten innerhalb der Arbeiter*innenbewegung kann uns Impulse geben, als SDS im hier und jetzt progressive Ideen in linke Gruppierungen einzubringen.

Zum Konzept:

Nach Möglichkeit sollte das Seminar einen Bezug von allgemein bekannte Arbeiterkämpfe zu Kämpfen von marginalisierten gesellschaftlichen Gruppen, wie  FINT*, Migrant*innen, LGBTQIA* etc. setzen. Gerade aufgrund aktueller Auseinandersetzungen lohnt sich hier ein Blick, inwiefern gemeinsame Kämpfe in der Vergangenheit stattgefunden haben, geglückt sind – oder aus welchen Gründen und Versäumnissen sie gescheitert sind.

Das Seminar wollen wir abwechslungsreich gestalten – Mit Inputs aus den Reihen von SDS-Genoss*innen (aber auch externen Referent*innen), Diskussionsrunden, Workshops und Rollenspielen.

Da wir das persönliche Zusammenkommen für unverzichtbar halten, wollen wir das Seminar möglichst als Präsenzseminar abhalten. Für Genoss*innen aus gesundheitlichen Risikogruppen müssen aber auch Möglichkeiten zur Beteiligung, zum Beispiel über Video-Streaming oder ein späterer Ausweichtermin, bereitgestellt werden.

Aus zeitlichen Gründen kann die Geschichte nicht als Ganzes in einem Wochenende behandelt werden. Wir wollen dennoch versuchen, einen möglichst großen Zeitrahmen abzudecken und die materialistischen Grundlagen der Entwicklung als Ganzen zu verstehen. Das schließt das Behandeln speziellerer, vielleicht noch nicht ins Auge gerückte Aspekte nicht aus.

Themen/Abschnitte, die behandelt werden könnten:

Arbeiter*innenbewegung im 19. Jahrhundert:

– Ludditenaufstand, Aufstand der Schlesischen Weber und weitere → Maschinenstürmerei

– Herausbildung als politische Bewegung: Bund der Kommunisten/Kölner Kommunistenprozess, 1.  Internationale,  Gründung ADAV, SDAP, Fusion zur SAP, Gothaer Programm (Kritik daran)

– Pariser Kommune

– Sozialistengesetze, Revisionismusstreit, Bernstein <-> Luxemburg

– 1. Weltkrieg, USPD/MSPD,

– Novemberrevolution, KPD, Sparakusaufstand; Russische Revolution etc.

– Weimarer Republik (KPD, KPD-O, …) und Zwischenkriegszeit

– Arbeiter*innenbewegung im Faschismus

– Nachkriegszeit, Antikoloniale Bewegung und Kalter Krieg

– Arbeiter*innenbewegung/Linke Bewegungen im außereuropäischen Raum (z.B. USA; …)

– Niedergang Kommunistischer Parteien (Italien, Frarkreich …)

 

A10. Solidarisierung und Unterstützung #BlackLivesMatter

Die Linke.SDS solidarisiert sich mit den Demonstrationen und Aufständen der Black Lives Matter- Bewegung. Wir rufen unsere Basisgruppen dazu auf, den lokalen Bündnissen Unterstützung anzubieten und die Demos in Solidarität zu besuchen. Wir weisen darauf hin, dass struktureller Rassismus und rassistische Polizeigewalt auch in Deutschland Probleme sind und rufen dazu auf, diese Zustände überall und jederzeit zu bekämpfen. Der Bundesarbeitskreis Antirassismus strebt eine bundesweite Vernetzung zu dem Thema an, um Erfahrungen auszutauschen und einen Umgang mit der Bewegung zu entwickeln, der die Bedürfnisse der Schwarzen und rassifizierten Akivist*innen respektiert und sie in ihrem Anliegen unterstützt.

 

A12. Kinderbetreuung bei Bundeskongressen

Ab dem nächsten Präsenz-BuKo wird bei Bedarf eine Kinderbetreuung eingerichtet. Der Bedarf wird durch direkte Nachfrage im Vorfeld des BuKo bei den Ortsgruppen ermittelt.

 

A16.   Seminar Social Media von Links

Die politische Linke muss auch digitale Plattformen vermehrt bedienen, um mehr Menschen zu erreichen. Die intensivierte Betreuung von Online-Angeboten wie Facebook, instagram, darf dabei nicht als eine Abkehr von Öffentlichkeitsarbeit in Präsenzform verstanden, werden, sondern als eine Ergänzung dieser. Das persönliche Zusammenkommen, das Ansprechen und der gleichberechtigte Austausch mit Studierenden auf der Straße, auf dem Campus oder im Hörsaal muss immer Kern linker Aktionsarbeit bleiben. Doch eine geschickt angegangene digitale Arbeit ist unverzichtbar für Linke Medienarbeit. Über digitale Aktion erreicht man zusätzliche Menschen, die man ansonsten auf dem Campus nicht angetroffen hätte. Über das digitale Teilen von vergangenen oder kommenden Veranstaltungen und Demonstrationen lässt sich über linke Aktionsarbeit aufklären und zu linker Aktionsarbeit mobilisieren. Auch kann über Online-Präsenz über unsere politischen Inhalte aufgeklärt werden.

Um das zu erreichen, müssen wir uns selbst schulen und digital kompetenter werden. Dazu bietet ein Seminar, das sich mit verschiedenen Plattformen und wie man auf ihnen am besten agiert, beschäftigt, die ideale Gelegenheit.

Zum grundlegenden Konzept:
Dieses Semester soll besonders praktisch sein und die theoretische Grundlage mit Praxis-Übungen vereinen.

Ein grober Zeitrahmen könnte zum Beispiel so aussehen:

Freitag:
Früher Nachmittag: Ankunft
Früher Abend: Einführung in Social-Media Abeit
Abend: Socalising
Samstag:
Vormittag: Einführung in Photoshop
Mittag: Online-Journalismus
Abend: Reflexion des bisherigen Seminars, Austausch von Erfahrungen, Socialising
Sonntag:
Vormittag: Konkretes Erstellen von Posts
Mittag: Vorstellen der Ergebnisse des Vormittags, Austausch darüber
Nachmittag: Austausch über Ergebnisse des Seminars und Schluss

 

A17. Internationalismus und Solidarität ist unsere Antwort auf die Krise

Die Krise ist im Kapitalismus immanent

Wie bereits im Rahmen der Strategiedebatte der LINKEN in Kassel und unserer Vorbereitung im SDS-Seminar „Links blinken, rechts abbiegen? Keine Option für die LINKE!“ festgestellt, bleibt die Analyse aktueller denn je, dass das kapitalistische Wirtschafts- und Gesellschaftssystem sich in einer tiefen Krise befindet. Während die kapitalistischen Produktionsverhältnisse destruktiv die eigenen Produktivkräfte untergraben, wird auch jegliche Weiterentwicklung gehemmt. Sichtbar ist diese allgemeine Tendenz nicht nur in Form der politisch-ökonomischen Krise, sondern auch in ihrer destruktiven Wirkung auf Mensch und Natur. Aus dieser Situation heraus stellt sich die Frage nach „Sozialismus oder Barbarei“ neu, wenn neoliberale Parteien versuchen mithilfe reaktionärer Politiken die eigene Hegemonie zu stärken. Im Krisenmoment benutzt die herrschende Klasse die Gunst der Stunde, um autoritäre Maßnahmen zu intensivieren. Die Frage des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems spitzt sich in der Coronakrise zu, was sich in einer zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft äußert. Dabei verbündet sich die neoliberale TINA-Ideologie („There Is No Alternative“) immer offensichtlicher mit autoritären und faschistischen Kräften, die durch eine Law-and-Order-Politik, Militarisierung und Autoritarismus nach Innen und Außen den Status Quo zu verteidigen versuchen. Gleichzeitig wird jeglicher Kollektivismus abgelöst durch eine Atomisierung der Gesellschaft (verstärkt durch Corona) in allen Lebensräumen nach dem Prinzip Margaret Thatchers: „There is no society. There are individual men and women and there are families“. Dieser neoliberalen Vereinzelungsstrategie müssen wir uns entgegenstellen und als SDS aus unserer gesellschaftlichen Situation heraus kritische Wissenschaften stärken, um mit gemeinwohlorientierten linken Antworten entgegenzuwirken. Linke Gegenmacht benötigt in dieser Situation mehr denn je eine internationalistische, friedensbewegte und emanzipatorische Antwort der unterdrückten Klasse. Rechter Kurs der Herrschenden als Krisenbewältigungsstrategie Durch die Pandemie ist die Fragilität des Systems noch offener zu Tage getreten. Die bisherige Krisenbearbeitung der Herrschenden ist geprägt von einem verstärkt rechten Kurs: d.h. Abschottung, Nationalismus, Autoritarismus und faschistische Tendenzen, wachsende Aufrüstung und Gewaltanwendung, die alle nach innen und außen wirken. Unter den Nationalstaaten verschärft sich die Konkurrenz untereinander, wodurch die Weltordnung in der Tendenz immer mehr als Summe der bilateralen Verträge geprägt wird. Auf der einen Seite legt dieser rechte Kurs die Interessensgegensätze der kapitalistischen „Metropolen“ offen, aber auf der anderen Seite schafft dies auch neue Konflikte mit aufgestiegenen und ehemaligen Schwellenländern: Instex, das North-Stream-2 Projekt, der Kampf um 5G-Netze und die gigantischen deutschen Exportüberschüsse sind dabei u.a. Konfliktfelder. Teil der Bewältigungsstrategie ist auch die verstärkte Ausbeutung neokolonialistischer Manier. „Compact with Africa“, IWF-Spardiktate und die Regenwaldabholzung sind Ausdruck der Abwälzungsspirale der ökonomisch-ökologischen Krise auf „Dritte Welt“-Länder. Auf der anderen Seite ist ein autoritärer Staatsumbau nach Innen im Dienste dieses Imperialismus zu erkennen: In der BRD ist das etwa an der neuen Gebührenordnung der Bundespolizei, der zunehmenden Militarisierung der Polizei, den Polizeiaufgabengesetzen, den weitreichenden Befugnisse des Verfassungsschutzes und dessen Kampf gegen linke Kräfte wie dem VVN-BdA und Ende-Gelände zu erkennen. Alternativen und kritische Wissenschaften stärken als antifaschistische Strategie International zeigen sich aber auch hoffnungsvolle Alternativen: Während die USA durch Senkungen und Streichungen der Mitgliedsbeiträge die WHO misskreditierte, schickte Kuba im Sinne des Internationalismus Ärzte in die ganze Welt – inklusive Italien. Diese gilt es aufzugreifen und zu stärken. Im Kampf um eine Alternative abseits der neoliberalen, autoritären und rechten Strategie nimmt der gesellschaftliche Antikommunismus gegen die Linke in den USA, Lateinamerika und auch der EU eine besondere Stellung ein, wenn es um die Verhinderung fortschrittlicher Wirtschafts-, Gesellschafts- und/oder Bildungspolitik geht. Gegen diese Rechtsentwicklung national und international müssen wir nicht nur eine Praxis der internationalen Solidarität und des Friedens, sondern auch eine solidarische und demokratische Gesellschaft durch kritische Wissenschaften entgegenstellen. Statt das Vertrauen der internationalen Finanzmärkte zu gewinnen, müssen wir das Vertrauen in eine vollwertige Demokratie stärken. Dieses Vertrauen wurde durch den neoliberalen Rückzug und der Sparpolitik des Staates innerhalb der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie zerstört und legte damit den ideologischen und sozialen Nährboden für irrationale und faschistische Kräfte. Grundlage demokratischer Beteiligung muss die Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe sein. Diese ist eng mit der sozialen Frage verknüpft und stellt oft die Grundvoraussetzung dafür dar. Ideologisch und aufklärerisch gilt es diese Kämpfe in den Universitäten anzugehen und den universitären Raum verstärkt als Teil des Klassenkampfes zu verstehen. Handlungsfähigkeit stärken – kritische Wissenschaften als Ausweg aus der Unmündigkeit Während der Corona-Pandemie und der Klimakrise ist die gesellschaftliche Bedeutung der Wissenschaften deutlich geworden. Doch wissenschaftliche Gegenstände sind oftmals durchsetzt von Interessen, die die Wissenschaften dahinter beeinflussen. Die Nationale Akademie der Wissenschaften („Leopoldina“) fordert die Abschaffung des Solidaritätsbeitrags für Reiche. Auch in Bezug auf dem Klimawandel haben z.B. ExxonMobile und Koch Family Foundations offensiv „Wissenschaften“ für ihre wirtschaftlichen Interessen finanziert, die den Klimawandel als „natürliche“ Entwicklung sehen. Deshalb gilt es für uns als kritische Wissenschaftler*Innen zu bestimmen, welche Lösungsansätze kulturell, psychologisch, ökonomisch und gesellschaftlich notwendig sind, um den Kapitalismus zu überwinden und solidarische sowie internationalistische Lösungsansätze zu erforschen. Die Corona-Pandemie zeigt, dass internationale wissenschaftliche Kooperation möglich ist und politische Schranken dazu überwunden werden können. Unsere Aufgabe als SDS besteht darin, an unserem zentralen Ort der Universität die notwendige kritische Wissenschaft für Internationalismus und sozialem Fortschritt zu erstreiten.

Exemplarische Konsequenzen:

  • Tätiges Erinnern: Wir müssen aus der Geschichte lernen und die Vergangenheit mit der Gegenwart verbinden, um die Zukunft zu gestalten. Dies bedeutet für den SDS dass er sich an den Lesungen aus den verbrannten Büchern im Mai beteiligt oder diese initiiert. Selbiges gilt für die Mahnwachen zur Erinnerung an die Reichspogromnacht. Zudem klärt der SDS über den faschistischen Propagandafilm „Die Feuerzangenbowle“ auf, der an vielen Hochschulen traditionell vor Weihnachten gezeigt wird und wirkt bei den jeweiligen Veranstalter*innen auf das Vorführen alternativer Filme mit kritischem Gehalt hin.
  • Tag der Befreiung zum Feiertag: Der leitende Gedanke bei der Befreiung war, dass der kooperative Aufbau einer besseren Welt möglich und das eigentlich menschliche wider der Zerstörung und Konkurrenz ist. Der SDS setzt sich dafür ein, dass der 8. Mai zu einem Bundesweiten Feiertag gemacht wird.
  • Abschaffung der Schuldenbremse: Für diese kritische Wissenschaft müssen wir gemeinsam die Austeritätspolitik überwinden und dadurch eine ausreichende Finanzierung der Hochschulen erkämpfen.
  • Realisierung der Zivilklausel: Wissenschaft darf niemals kriegerischen Interessen dienlich sein. Deshalb setzt sich der SDS für eine bundesweite Realisierung der Zivilklausel ein.
  • Internationale Hochschulpartnerschaften: Unter dem Eindruck der zunehmenden internationalen Konkurrenz und der antikommunistischen Hetze gegen China setzt sich der SDS im Sinne der Völkerverständigung für den Erhalt und Ausbau von internationalen Hochschulpartnerschaften ein.

Der Bundesvorstand wird damit beauftragt, rechtzeitig Vorlagen für (Stupa/Stura-)Anträge, Flugblätter oder Veranstaltungen zur Anregung lokaler Praxis an die Hochschulgruppen zu versenden bzw. die Verbreit(er)ung bereits bestehender Aktivitäten zu koordinieren.

 

A21.   Neue Fahnen für den Verband

Entwurfideen werden bis Anfang August in der SDS-Cloud gesammelt. Bis Ende August fällt der BuVo einen Beschluss über das Design auf Grundlage einer Abstimmung per E-Mail. Die Fahnen werden dann im September bestellt und mit der Semesterverschickung an die Gruppen geschickt.

Bei 63 Gruppen bundesweit ergeben sich Kosten von ca. 2200€. Zum Beispiel folgende Fahnen können bestellt werden:

https://www.mrdesign.de/stockfahne-150-cm-x-100-cm

Die Druckdaten werden jeder Gruppe zugänglich gemacht, sodass die Gruppen bei Bedarf einzelne Fahnen nachbestellen können.

 

Teil 2 (Beschlossen am 13.10. durch den Bundesvorstand)
A2.     Kritische Männlichkeit: Reflektion über sexistische Gruppendynamiken

Der Bundeskongress beschließt die Durchführung eines Seminars zum Thema Kritische Männlichkeit. Vorrangiges Ziel des Seminars ist die Aneignung von Methoden zur Reflexion und Bearbeitung problematischer, als männlich codierten Rollen und Verhaltensweisen, insbesondere in politischen Gruppen. Darüber hinaus kann das Seminar aber auch zur Wissensaneignung über Kritische Männerforschung und dem Zusammenhang von Männlichkeiten, Autoritarismus und Faschismus dienen. Das Seminar soll offen für alle sein. Das Seminar soll als Multiplikator*Innenschulung funktionieren.

Auf dem Seminar soll eine differenzierte Positionierung ausgearbeitet werden, die dem darauffolgenden Bundeskongress vorgelegt werden soll.

A6.     Wir müssen über unsere Demokratie reden

Die Linke. SDS organisiert eine verbandsinterne Diskussion zum Thema „Demokratie in
einem sozialistischen Studierendenverband“. Jede*r Genoss*in, der*die an der Vorbereitung der Diskussion mithelfen möchte, kann das tun. Vor der Debatte wird genügend Zeit gegeben, um schriftliche Beiträge beim Vorbereitungs-Team einzureichen. Den Autor*innen wird bei der Diskussion Zeit gegeben, ihre Papiere einzubringen. Die Diskussion wird (anonymisiert) protokolliert und für den Verband aufbewahrt. Sie findet rechtzeitig vor dem nächsten Bundeskongress statt, damit die Teilnehmer*innen der Diskussion aus den Erkenntnissen der Debatten ggf. Konsequenzen in Form von Anträgen für den BuKo ziehen können. Zur weiteren Verständigung über gemeinsame
Projekte und zum Austausch zwischen Bundesarbeitskreisen und zwischen Lokalgruppen
wird außerdem baldigst das im März ausgefallene Verbandstreffen in Präsenz
nachgeholt.

Warum eine Debatte über unsere Demokratie wichtig ist

Die Zuspitzung der sozialen Widersprüche verändert die politischen Kampfbedingungen. Wir müssen sie möglichst breit und zugleich tiefgehend diskutieren – und dann möglichst koordiniert und geschlossen handeln. Das geht umso besser, je ‚demokratischer‘ wir sind:

Wir befinden uns in einer Weltwirtschaftskrise. Durch Massenentlassungen, Kurzarbeit und Krankheit nimmt die Prekarisierung der Bevölkerung zu. Leidensdruck bringt Menschen schneller in Bewegung, siehe Demos gegen Polizeigewalt, aber auch ‚Hygiene-Demos‘. Konflikte vor der Krise spitzen sich zu, z.B. Pflegenotstand, und latente werden manifest, z.B. Wissenschaftsskepsis. Wir Studis sind mittendrin, durch digitale Mehrbelastung im Studium, Entdemokratisierung der Hochschulen, Wegfallen von Bafög und Lohnarbeit. Wir müssen kämpfen: gegen Demokratie- und Sozialabbau, gegen Irrationalismus, (häusliche) Gewalt, Krieg, Rassismus und Faschisierung.

Die Lage ist von Stadt zu Stadt unterschiedlich. Um uns einen Überblick zu verschaffen, müssen wir möglichst gut bescheid wissen, wie die Lage in den Basisgruppen ist: Was die (schlimmsten) Missstände sind, wo die (härtesten) Auseinandersetzungen gerade geführt werden. Dafür müssen wir uns möglichst breit übereinander informieren. Um die Wirren des Alltags zu verstehen und zu den richtigen Handlungen, Forderungen und Losungen zu finden, müssen wir einander sagen, wie wir die Lage einschätzen – und was wir von der Einschätzung des Gegenüber halten. Wir müssen durch Streit inhaltlich vorankommen – und dafür auf dem Bundeskongress möglichst lange und ‚klug‘ miteinander diskutieren. Um die Verhältnisse zu verändern, müssen wir nach dem Diskutieren etwas beschließen und uns danach richten. Dafür müssen wir zu Ergebnissen kommen, hinter denen wir stehen, uns nach Beschluss zu Aktionen verabreden und die politische Arbeit gut verteilen.

Warum diese Debatte dringlich ist

Wir informieren uns nicht so gut, wie wir könnten; wir diskutieren nicht so gut, wie wir könnten; und wir koordinieren uns nicht so gut, wie wir könnten.Das Wissen darüber, welche Gruppe gerade was macht, an welchen Themen besonders knabbert und mit welchen Schwierigkeiten konfrontiert ist, ist fragmentarisch und ungleich verteilt. Wir erfahren voneinander durch Facebook-Posts (seltener Emails) über lokale/regionale/bundesweite Aktionen, reden und schreiben miteinander (meistens mehr mit denen, die wir ‚mögen‘ als mit denen, die wir ’nicht mögen‘); wir sitzen in World-Cafes, wo wir zu vorgegebenen Fragestellungen kurz Gedanken austauschen – die Mitschriften werden nicht besprochen und auch nicht immer vorgestellt. Wir erfahren über – statt voneinander, durch Erzählungen, Lästereien etc. Was das Wissen über einander nicht nur ungleich verteilt, sondern auch schmälert. Was bei Basisgruppen abgeht, wissen diese am besten. Wir gelangen in Bundeskongressdebatten selten dahin, zwischen verschiedenen Positionen eine alle Anwesenden bereichernde Synthese zu finden. Oft kommen wir gerade dazu, einzelne Positionen vorzustellen und bestenfalls ein Gegenargument zu formulieren – schlimmstenfalls werden Strohmänner aufgestellt, Themen mit anderen Themen argumentativ begründet und Stimmungen geschürt. Der Bundeskongress wäre überfrachtet, wenn hier alles ausdiskutiert werden sollte – umso wichtiger sind weitere Debattenräume (Seminare, Arbeitskreise, Sommerakademie) und Debattenmedien (Critica, Podcast, r.i.p. innerverbandliches Debattenorgan). Seit einigen Semestern wird zunehmend über unangenehme Debattenkultur geklagt – über Grobheit einerseits, über falsche Höflichkeit andererseits. Streit und Polemik waren wichtig für die Bewusstseinsbildung der Arbeiterbewegung (Marx – Bakunin, Bernstein – Luxemburg, Kautsky – Lenin, …), aber das ist eine Kunst und die besseren Streitenden lernen etwas voneinander.

Antragsdebatten enden häufig nicht damit, dass erste Verabredungen getroffen, Interessenten versammelt oder zumindest Emaillisten rumgereicht werden. Oft gehen Anträge den Umweg über den Bundesvorstand, der für die Vorhaben mühselig Leute zusammentrommeln oder selbst rödeln muss. Ein Mitglied des Bundesvorstands meinte auf dem letzten BuKo, dass der BuVo nicht das alleinige ausführende Organ von Beschlüssen sei, und Antragssteller mehr Initiative übernehmen sollten. In den letzten Semestern hat zudem die Anzahl der Anträge, die auf dem BuKo beschlossen werden, abgenommen. Das schmälert zusätzlich die Mobilisierung für viele Anliegen.

Was debattiert werden könnte

  •  Wie können wir uns besser übereinander informieren – so dass jede*r Genoss*in in
    jeder Gruppe tendenziell die gleichen Informationschancen hat?
  •  Wie können wir Verbandsdebatten besser vorbereiten, präziser führen und
    gründlicher dokumentieren? Wie können wir Zeitverluste durch Strohmänner,
    Aggressionen und falsche Höflichkeit einsparen?
  •  Wie können wir bei der Antragsstellung, -beratung, -beschließung und -umsetzung
    Kräfte bündeln, politische Arbeit besser verteilen und Ergebnisse sichern?
  •  Was bedeutet ‚Demokratie‘ in einem sozialistisch-demokratischen
    Studierendenverband? Was unterscheidet sie von neoliberaler Demokratie?
  •  Wie können wir mit unserer Praxis im hier und heute die Demokratie von morgen
    erproben?

Wir haben die Zeit dafür

Wenn wir einander besser informieren, können wir uns in kommenden Debatten Missverständnisse und bei kommenden Aktionen umständliches Leutezusammensuchen ersparen. Auch geben wir damit Genoss*innen, die noch nicht so viel auf Bundesebene gemacht haben und weniger Anschluss an Strömungen u.dgl. haben, die Möglichkeit, sich und ihre Anliegen leichter einzubringen. Wenn wir klüger debattieren, sparen wir nicht nur Zeit, sondern auch Nerven – und damit wiederum Reproduktionszeit. Bessere Verbandsmobi spart auch Zeit. Metaphorisch gesprochen: Wir müssen mit unserem Fahrrad noch eine weite Strecke zurücklegen – aber kurz anzuhalten, um die Kette zu ölen, ist sicher nicht der Grund, warum wir nicht am Ziel ankommen.

A9.      Für eine sozial-ökologische Verkehrswende gemeinsam mit Gewerkschaft und Klimagerechtigkeitsbewegung!
  • Alle SDS Ortgruppen werden aktiv dazu aufgefordert sich in ihren lokalen Strukturen mit ver.di, den Betrieben und den FFF und SFF Gruppen zu vernetzen und je nach Kapazitäten Strukturen der Solidarität in Form von ÖPNV Bündnissen zu gründen. Spätestens wenn im Herbst die Tarifverhandlungen, Streiks und Demonstrationen beginnen, soll sich der SDS dezentral und zentral an den Aktionen beteiligen und die Beschäftigten unterstützen.
  • Der Bundesvorstand wird dazu aufgefordert, die ÖPNV Kampagne zu begleiten. Dazu gehört dieses Thema regelmäßig während der Sitzungen zu behandeln und zusammen mit dem BAK Klimagerechtigkeit weitere Schritte zu diskutieren.
  • Die Linke.SDS fordert die Partei die LINKE dazu auf, die bevorstehenden Tarifauseinandersetzungen lokal wie auch bundesweit zu unterstützen. Dies bietet der Linken die Möglichkeit das Bild einer Partei, die sich für verbindende Klassenpolitik einsetzt, zu stärken.
  • Der BAK Klimagerechtigkeit erhält die Möglichkeit ein Vernetzungstreffen innerhalb der ÖPNV SDS Aktiven durchzuführen und erarbeitet in Zusammenarbeit mit dem BuVo ein Finanzierungskonzept.

 

A11.   Mehrheiten kennen keine Abkürzungen

Zurzeit beobachten wir, wie die Bundesregierung versucht den Übergang in eine »neue Normalität« der Krise zu organisieren. Die Schockmomente, das »Fahren auf Sicht« sollen ein Ende haben. Planungssicherheit – das ist es, was die Unternehmen brauchen. Teil jener neuen Normalität ist die Erwartung einer Weltwirtschaftskrise, einer »Rezession historischen Ausmaßes« — schlimmer als 2008, etwa wie 1929, vielleicht aber auch deutlich heftiger. Dass die Krise kommt ist klar. Wie sie kommt, unklar. Wer die »Rechnung« für die Konjunkturprogramme zahlen soll, steht allerdings schon fest: Alle, nur nicht diejenigen, die bisher profitieren – vom System und von der Krise. Für unsere Generation steht dabei viel auf dem Spiel. Wir kennen zwar sowieso nur Krisen, haben uns fast daran gewöhnt. Doch in diesen turbulenten Zeiten scheint unsere Zukunft noch düsterer als zuvor.

Das Gute: Dieser »Triumph der Ungerechtigkeit« wird nicht mehr akzeptiert. Der rassistische Mord an George Floyd hat in den USA das Fass zum Überlaufen gebracht. Der Aufstand und die globale Solidarität, die er erfährt, sind ein Ausdruck des Zornes über die rassistischen Verhältnisse, aber auch der Hoffnung auf eine andere Welt. In der ersten Reihe stehen dabei diejenigen, die in besonderer Weise von den gegenwärtigen Krisen betroffen sind.

Mit ihrem Diskussionsbeitrag vom 15.5. haben die beiden Vorsitzenden unserer Partei, Katja Kipping und Bernd Riexinger, gemeinsam mit Jörg Schindler und Harald Wolf Vorschläge zur strategischen Positionierung der LINKEN in dieser gesellschaftlichen Umbruchphase gemacht. Die Zeitenwende, in der wir uns befinden, könne nur mit einer mehrheitlich getragenen Perspektive eines sozialen – das heißt unbedingt auch antirassistischen – und ökologischen Systemwechsels, einem linken Green New Deal beantwortet werden. In der öffentlichen Debatte wurde dieser Vorschlag weitestgehend gleichgesetzt mit der Hoffnung auf eine rot-rot-grüne Regierung. Zu Unrecht, wie wir finden, auch wenn die Autorin und Autoren diese Verkürzung ihrer Gedanken letztlich selbst zu verschulden haben.

Die Linke.SDS ist bereit den »Kampf um andere Mehrheiten« aufzunehmen. Die Linke.SDS möchte für die Perspektive eines linken Green New Deals werben. Aber wir wollen auch, dass wir uns klar darüber werden, was das bedeutet. In einem Satz: Was es bedeutet, andere Mehrheiten zu organisieren.

 

Keine Abkürzung nehmen

Wer gesellschaftliche Mehrheiten mit rechnerisch-parlamentarischen verwechselt wird keine Veränderung durchsetzen, der nimmt eine Abkürzung. Glücklicherweise geben sich die Vier weit entfernt von dieser Vorstellung. Ihnen geht es um die »Mehrheit für ein politisch linkes Gegenprojekt«, welches an der Regierung »vor allem dann wesentliche Verbesserungen durchsetzen« könne, »wenn es aus der Gesellschaft Druck bekommt, einen tatsächlichen progressiven Wandel einzuleiten«. Als Beispiel dient der Berliner Mietendeckel, mal wieder. Bei der richtigen Euphorie über ein Regierungsprojekt für die Mieter*innenbewegung, übersehen sie aber die andere Seite der Medaille: Die grüne Privatisierung der Berliner S-Bahn gegen die Interessen der Klimabewegung und der Beschäftigten, Ramelows Alleingang in Thüringen gegen die antifaschistische Bewegung, die Fortsetzung von Abschiebungen gegen die antirassistische Bewegung. Weder in Bremen noch in Thüringen und auch nicht in Berlin kann DIE LINKE behaupten als Teil der Regierung eine antikapitalistische Alternative aufzubauen.

Wenn »außerparlamentarische(r) gesellschaftliche(r) Druck und die politische Mobilisierung« entscheidend dafür sind, »die Verhältnisse nach links zu rücken«, dann ist es unsere Aufgabe zu diskutieren, wie wir diese stärken können. »Weder abstrakte Konstellationsdebatten noch eine abstrakte Verweigerung der Diskussion um gesellschaftliche Mehrheiten helfen (uns) wirklich weiter«. Stimmt. Wir ergänzen: Unvollständige Selbstreflexion und unkritische Auswertung der eigenen Regierungspraxis auch nicht. Wir wünschen uns eine LINKE, die den Menschen den Spiegel vorhält und sagt, was tatsächlich möglich ist und wie. Denn bevor wir von einem Politikwechsel sprechen, müssen wir uns bewusst sein, dass dieser zu massiven gesellschaftlichen Konflikten führen muss, wenn er Hand und Fuß haben soll. Man stelle sich alle 30 DAX-Unternehmen – nicht nur die »Deutsche Wohnen« – vor, die sich uns gemeinsam öffentlichkeitswirksam entgegenstellen. Das ist der Maßstab. Er zeigt, dass die gesellschaftliche Linke noch lange nicht in dieser Liga angekommen ist. Und bevor wir dort nicht sind, führen uns Gedankenspiele über SPD und Grünen in die Irre. R2G unter den jetzigen Kräfteverhältnissen ist dann der Versuch einer Abkürzung zur (vermeintlichen) Mehrheit und kein Meilenstein auf dem Weg dorthin.

 

Die eigenen Stärken und Schwächen kennen 

DIE LINKE sollte stattdessen versuchen das »Wie« zu füllen. Wenn parlamentarische Mehrheiten kein ausreichender Indikator für gesellschaftliche Mehrheiten sind, so gibt es dennoch Wege, die eigene Stärke zu testen. Im linken Organizing spricht man in diesem Zusammenhang von »Strukturtests«, Tests der eigenen »Handlungsmacht« sowie der des Gegners. In gewisser Weise war der Mietendeckel ein solcher. Bisher scheint unsere Stärke – die gut organisierten Mieter*innen in Berlin – auszureichen. Das Volksbegehren zu »Deutsche Wohnen & Co enteignen« kann die nächste Stufe sein.

Im SDS haben wir im vergangenen Jahr angefangen in diesem Sinne Mehrheiten zu organisieren – für Klimagerechtigkeit und innerhalb der Hochschule. Wir sind systematisch vorgegangen, haben immer wieder überprüft wo wir stehen, unsere Ziele dementsprechend angepasst. Nach Klimastreikwochen im ganzen Land mussten wir dennoch feststellen: Wir haben noch keine Mehrheit für wirkliche Klimagerechtigkeit an den Hochschulen, zumindest nicht in dem Sinne, dass eine Mehrheit der Studierendenschaft dazu bereit wäre, sich für die eigenen Ziele selbst zu bewegen. Dennoch haben wir unsere Verankerung verbessert. Wie stark die studentische Klimagerechtigkeitsbewegung mittlerweile ist, werden wir erfahren, wenn die Tarifverhandlungen im Nahverkehr beginnen. Seit Monaten bauen wir Verbindungen zwischen den Kolleg*innen und jungen Aktivist*innen auf. Gemeinsam wollen wir einen großen Schritt Richtung Verkehrswende erkämpfen.

Ein Blick auf die Bewegung in den USA und die Dynamiken, die sie nun auch hier in Gang bringt, zeigt uns gleichzeitig unsere Schwächen auf. An den Orten, wo die Wut sich Bahn bricht, sind wir weiterhin zu wenig. Es ist richtig und wichtig, wenn wir von Rassismus Betroffenen eine Plattform in unseren Organisationen bieten. Doch wir müssen DIE LINKE auch zu einem Instrument weiterentwickeln, mit dem Veränderung im Sinne der Unterdrückten tatsächlich durchgesetzt werden kann. Das gilt auch für uns als SDS. Seit unserer Gründung sind wir zwar fester Bestandteil vieler antifaschistischer Bündnisse und antirassistischer Proteste. Doch wir sind im Durchschnitt weißer als die Studierendenschaft. Ein neuer Aufbruch kann nur gelingen, wenn sich das ändert. Es braucht dafür unteilbare Solidarität, aber auch eine offene Auseinandersetzung mit den zahlreichen Hürden und Schwierigkeiten, die unsere Strukturen für Nicht-Weiße haben.

Mehrheiten organisieren

Gesellschaftlichen Mehrheiten zu organisieren ist kräftezehrende Arbeit, aber es gibt gesellschaftliche Dynamiken, die uns jetzt zu Gute kommen. Die »neue Normalität« kann ein Aufwachen im Schlimmeren werden, ein Ausblick auf eine düstere Zukunft. Sie muss es aber nicht sein. Wir glauben, dass wir in dieser »Zeitenwende« die einmalige Möglichkeit haben, die Generation, die seit 2015 die Fahne der unteilbaren Solidarität hochgehalten hat, die AfD überall und konsequent bekämpft hat und die Frage nach der Zukunft unseres Planeten zu dem Thema des letzten Jahres gemacht hat, die auch jetzt wieder Hunderttausende gegen Rassismus auf die Straße bringt, für die Perspektive eines sozial-ökologischen Systemwechsels zu gewinnen.

Doch dafür braucht es nicht nur viel Mut und Zuversicht, sondern auch Ehrlichkeit. Das heißt: Genau zu sagen, welche Veränderungen durch wessen Bewegung möglich sind und dazu einladen, diese gemeinsam als Mehrheit – mit der Selbstaktivität der Vielen – durchzusetzen. Erst dann können wir über Regierungs- und Politikwechsel sprechen. Eine Abkürzung gibt es nicht.

 

A13.   Keine*n opfern, alle bilden! Schluss mit der marktorientierten Normalität.

Eine linke Antwort auf COVID19 kann nur sein, jeder Überlegung, die – explizit ausgesprochen oder nicht – wirtschaftliche Kosten gegen Menschenleben stellt, entgegenzutreten.  Lasst uns für ein Konzept kämpfen, dass dem Ziel möglichst weniger Erkrankungen folgt, dabei mehr Schutzräume und Hilfszahlungen einrichtet und die Macht von Arbeiter*innen als wesentliches Instrument begreift. Wir müssen uns jetzt als konfrontativ-gestaltende Kraft für eine sozialökologische Transformation verstehen.

Felix Bartels fasste in der Jungen Welt passend zusammen, dass „die konsequente Umsetzung des Lockdowns […] Voraussetzung seiner Aufhebung“[1] ist. Katja Kipping führte hierzu weiter aus: „Was uns Lindner, Laschet und Co. als Exitstrategie verkaufen, führt nicht raus aus der Coronakrise, sondern rein in eine zweite Infektionswelle. Dies birgt große Gefahren für Gesundheit wie Wirtschaft“[2].

Beide Aussagen sind nun schon einige Wochen alt und die erwartete zweite Welle kam bisher glücklicherweise nicht. Mögliche Gründe hierfür sind das hohe Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung bei der weiteren Einhaltung der Kontaktbeschränkung, die weiterhin verbotenen Großveranstaltungen, die Fortführung der Arbeit im Homeoffice in vielen Bereichen oder die Tatsache, dass sich im Sommer vieles ins Freie verlagern lässt und hier eine wesentlich geringere Ansteckungsgefahr besteht.

Mit umfassender Sicherheit können wir heute noch nicht sagen welche Maßnahmen, welche Wirkung haben. Vor allem aber können wir eine zweite Welle noch immer nicht ausschließen. Weitere Lockerungen oder auch der Übergang in kältere Jahreszeiten könnten zu einem erneuten Ausbruch und steigenden Todeszahlen führen. Dies gilt auch, wenn es regional keine Infizierten gibt, da ein kompletter Ausschluss von überregionaler Mobilität weder umsetzbar ist noch sinnvoll wäre. Wir halten dementsprechend die Analyse von Katja Kipping weiterhin für richtig und schließen uns in der Frage zur Strategie im Umgang mit der aktuellen Corona-Krise weiterhin ihrer Haltung an: Ein vorschnelles Ende der momentanen Einschränkungen führt zu einer Verschärfung der Pandemie, mit dem direkten Ergebnis, dass die schwächsten Bevölkerungsteile mehr getroffen und getötet würden.

Die Befürworter*innen der Lockerungen spielen im Gegensatz dazu im Interesse des Kapitals auf Risiko, allerdings nicht mit ihrem Geld oder Eigentum, sondern mit den Lungen anderer Leute. Dies führt in der Konsequenz zu einer Zweiteilung des Lebens, in der die gesamtgesellschaftliche Verantwortung für die Bekämpfung des Virus ins Private und Individuelle ausgelagert wird, während Konzerne und Kapital möglichst wenig Verantwortung und Einschränkungen tragen müssen. Diese Strategie nimmt unabsehbare gesundheitliche Folgen für einen Großteil der Bevölkerung zumindest in Kauf. Es kann dementsprechend nicht unsere Position sein, grundsätzlich nach Lockerungen zur vermeintlichen Entlastung der Bevölkerung zu rufen. Zur Eindämmung des Virus sind Einschränkungen zum Schutz der gesamten, aber vor allem der armen und kranken, gesundheitlich schlecht versorgten Bevölkerung unumgänglich.

Dies gilt auch in Bezug auf die Studierendenschaft. So wohnen finanziell schlechter gestellte Studierende aufgrund der hohen Mieten eher in Außenbezirken, müssen also wahrscheinlicher öffentliche Verkehrsmittel mit schlechter Belüftung und dementsprechend erhöhtem Infektionsrisiko nutzen, um überhaupt an die Hochschule zu kommen. Weiter steigt das Infektionsrisiko durch beengte Wohnverhältnisse und Nebenjobs, in denen eine umfangreiche Kontaktvermeidung nicht möglich ist.

Gleichzeitig ist aber offensichtlich, dass auch unter einem Lockdown die schwächsten Bevölkerungsteile am meisten leiden. Die Schwächsten, das meint hier diejenigen, die aufgrund ihre Stellung im gesellschaftlichen Produktionsprozess am wenigsten selbstbestimmte Möglichkeiten haben und sich der Anordnungen von Chef*in, CDU-Regierung und Ausländer*innenbehörde fügen müssen. Zumindest, solange sie sich nicht genügend dagegen organisieren.

Das durch den Lockdown hervorgerufene weltweite Elend ist groß. Der große Unterschied ist allerdings, dass wir hier die Möglichkeit haben, einen gesellschaftlichen und politischen Umgang zu finden, um effektiv gegen das durch die Einschränkungen verursachte Leid anzukämpfen. Wir müssen uns hierzu bewusst machen, dass die Einschränkungen vor allem bereits bestehende Probleme verstärken. Die schlechte Ausstattung des Gesundheitssystems und belastenden Arbeitsbedingungen von Pflegekräften, die strukturell gesellschaftliche und ökonomische Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund, Frauen, Trans-Personen und Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder psychischen Erkrankungen, die mangelnde internationale Solidarität und der grauenvolle Umgang mit Schutzsuchenden an den Grenzen Europas – all diese Probleme bestanden schon lange vor der Pandemie und werden jetzt durch diese zusätzliche verstärkt.

Richtige Politik kann direkt einen nachteilsausgleichenden, antidiskriminierenden und solidarischen Umgang mit den aktuell bestehenden Einschränkungen leisten. Sie tut es nur (noch) nicht. Damit sie es tut, müssen wir das Tauziehen mit den neoliberalen und konservativen Kräften, die das Kapital verteidigen, gewinnen. Wir müssen in diesem Zusammenhang radikal bleiben und die zugrundeliegende Klassengesellschaft angreifen.

Wir müssen uns verständigen und eine gemeinsame Strategie verfolgen. Wir müssen konkret ausdefinieren, was ein nachteilsausgleichender, antidiskriminierender und solidarischer Umgang mit den aktuell bestehenden Einschränkungen bedeutet. Unsere Vorschläge sollen dabei immer mit dem Bewusstsein formuliert werden, dass es kein Zurück zum Davor geben kann. Weder das “Davor” noch “Die Normalität” sind etwas, zudem wir zurück wollen – wir wollen voran. Dabei darf eine kritische Begleitung moderner Policies nicht fehlen. Die Nutzung von Corona-Tracing-Apps muss nicht nur höchsten Standards des Datenschutzes genügen. Wir müssen politisch und
gesellschaftlich verhindern, dass die Wirtschaft das Nichtvorhandensein weitere
Regeln ausnutzt, um durch Zutrittsbeschränkungen bei Nichtnutzung der App Menschen
sozial zu exkludieren. Und damit als Blaupause der Regierungen für die Umsetzung im
öffentlichen Raum generell dienen könnte. Die Corona-Krise betont alle Krisenherde an den Hochschulen – Zeit die Grundfesten der Lernfabrik zu erschüttern und auf ihren Trümmern eine ‚Utopie Hochschule‘ zu errichten. Es liegt jetzt an uns ein Gegenmodell ins Spiel zu bringen, das auf auskömmlicher Finanzierung, transparenter Mitbestimmung und freier Gestaltung von Lehre und Forschung baut.

Fahrplan für mögliche Teilöffnungen

Es ist uns bewusst, dass Online-Lehre die Präsenzlehre nicht vollumfänglich ersetzen kann. Trotzdem halten wir dieses Format zumindest bis ausreichende wissenschaftliche Erkenntnisse zum Virus, dessen Eindämmung und potentielle Ansteckungsgefahren vorhanden sind aus den oben genannten Gründen für den einzig gangbaren Weg.

Wir wollen an dieser Stelle betonen, dass, wenn im Folgenden von Präsenzlehre gesprochen wird, dies nicht die Pflicht zur Anwesenheit bedeutet, sondern nur die Möglichkeit des physischen Zusammentreffens heißen soll.

Die durch die Online-Lehre entstehende zusätzliche Belastung für Studierende und Angestellte der Hochschulen muss möglichst gering gehalten werden, weshalb wir Entlastungen und gewisse Ausnahmen ausdrücklich befürworten und auch einfordern. Die Vereinsamung und Vereinzelung durch die Einschränkungen trifft uns alle. Um dies zumindest in Teilen abzuwenden, halten wir es für sinnvoll, während dem Sommersemester den universitären Austausch in Kleingruppen im Freien zu ermöglichen und zu bestärken, da hier die Ansteckungsgefahr mit ausreichendem Abstand erheblich minimiert ist. [3] Auch die Möglichkeit der Einrichtung von Open-Air-Arbeitsräumen als Ersatz für die momentan geschlossenen Bibliotheken ist denkbar und würde massiv der Gefahr der Vereinsamung und Vereinzelung von Studierenden im Home-Office entgegenwirken. Diese beiden Möglichkeiten sind gute Übergangslösungen, allerdings spätestens in kälteren Jahreszeiten nicht länger umsetzbar.

Trotzdem sollte für einige Kurse und Studierende auch im Wintersemester Präsenzlehre möglich sein. Das hierbei entstehende Risiko ist in Hinblick auf eine mögliche zweite Infektionswelle im Herbst größer, weshalb schon jetzt an umfangreichen Hygienemaßnahem, zusätzlichen Räumen, sowie die Einrichtung von Belüftungssystemen in den Lehrräumen gearbeitet werden muss. Um in manchen Fachbereichen überhaupt die Fortführung des Studiums und der Forschung zu ermöglichen, gibt es bereits und sollte es auch weiterhin Präsenzlehre für bestimmte Lehrangebote geben. So sind beispielsweise Praktika, Labortätigkeiten und auch Sprachkurse (insbesondere Kurse wie Deutsch als Fremdsprache) nur sehr schwer bis gar nicht online realisierbar. Gerade die Sprachkurse werden momentan noch nicht oder nur online abgehalten. In Bezug vor allem auf die Kurse  “Deutsch als Fremdsprache” erfahren ausländische Studierende und Geflüchtete eine mehrfache Belastung. Der oft mit erheblichen Kosten und auch emotionalen Herausforderungen (Heimweh, Kulturschock etc.) verbundene Aufenthalt in Deutschland dient nun weder dazu, die Menschen und Kultur umfangreich kennen zu lernen und sich auszutauschen, noch kann diese außergewöhnliche Situation genutzt werden, um sich intensiv auf die Sprachkurse zu konzentrieren. Gleichzeitig ist die Gefahr der Vereinsamung gerade für vor Kurzem nach Deutschland gekommene Kommiliton*innen höher.

Grundsätzlich gilt, dass bei der Frage, für welche Mitglieder der Hochschule es Ausnahmen der Beschränkungen geben sollte, der Fokus vor allem auf die Mitglieder gerichtet sein muss, die mehrfach belastet sind. Vor allem für Studierende mit besonderer Belastung durch körperliche oder psychische Beeinträchtigungen, die die Teilnahme an Online-Lehre erschweren bis unmöglich machen, muss Präsenzlehre ermöglicht werden. Weiter muss  Studierenden, die auf engem Raum mit unzureichenden Arbeitsplätzen leben, der Zugang zu Arbeitsplätzen an den Hochschulen erleichtert werden. Zu einem inklusiven Studium gehört in der Pandemiezeit insbesondere ein ausgearbeitetes Konzept zum Schutz von Risikogruppen: Allen Studierenden, denen, da sie wenn möglich Präsenz und Pendeln, Partys und Politikgremien vermeiden, durch eine reine Öffnung ohne entsprechende Maßnahmen nicht geholfen ist, muss ein barrierefreier Zugang hierzu ermöglicht werden.

Unser Kompass muss immer sein: Um  unverhältnismäßige Nachteile für Einzelne zu vermeiden, müssen wir den Austausch mit vielen suchen, um dafür zu sorgen, dass keine Stimme ungehört bleibt. Nur so können wir weiter ausdefinieren, für welche Gruppen von Studierenden Präsenzlehre unbedingt stattfinden muss.

Wir wollen hierzu nochmal hervorheben: Es macht keinen Sinn nach dem Gieskannenprinzip allen Hochschulmitgliedern – ungeachtet der Verhältnisse, in denen sie sich befinden – gleichen Teilzugang zur Präsenzlehre und universitären Arbeitsplätzen zu ermöglichen, denn dies greift bestehenden Verteilungsungerechtigkeiten und Diskriminierungen nicht an, sondern führt sie fort.

Solange das Virus nicht kontrollierbar ist und dementsprechend der universitäre Alltag nicht einkehren kann, dürfen weder für Studierenden, noch für Lohnabhängige und Forschende an den Hochschulen krisenbedingte Nachteile entstehen. Sowohl eine höhere Arbeitsbelastung, als auch finanzielle Einbußen sind dringend abzuwenden. Dementsprechend werden über das Sommersemester hinaus weitere Solidarsemester, Anpassungen in der Forschungs- und Studienfinanzierung, sowie in arbeitsspezifische Regelungen folgen müssen.

All dies darf nicht an finanziellen Schranken scheitern. Das Wohlergehen aller ist uns teuer und eben deswegen dürfen die Maßnahmen ebenso teuer sein. Zahlen sollen nicht die an den Randgedrängten, sondern jene, welche durch Ausbeutung schon lange und zu Unrecht im Überfluss schwimmen.

Bildungsgerechtigkeit schaffen

Wir unterstützen sämtliche Forderungen des FZS zum Solidarsemester [4]. Unser Streiten für die Umsetzung dieser Forderungen ist gerade um die direkten Folgen der Krise für Studierende und lohnabhängige Mitglieder der Hochschulen abzuwenden dringend notwendig.

In Bezug auf die Studienfinanzierung ist das vom SDS, CampusGrün, DGBJugend, IGMetall, Ver.di, GEW und dem FZS gemsamverfasste “Positionspapier des BAföG-Bündnisses im Vorfeld der Bundestagswahl” [5] aktueller denn je. Nicht eine Forderung ist durch die Corona-Krise hinfällig geworden, ganz im Gegenteil ist die Umsetzung dieser Forderungen dringender geworden. Es zeigt sich, dass der ökonomisch aufgezwungene Dualismus aus Nebenjob und BAföG, der nicht-privilegierte Studierende, also arbeitende Studierende mehr belastet, nicht nur im Widerspruch zu Bildungsgerechtigkeit steht, sondern auch eine unsichere finanzielle Absicherung ist – gerade in Krisenzeiten. Und eines sei hierzu gesagt: Die nächste Krise kommt bestimmt – mindestens solange der Kapitalismus noch nicht überwunden ist.

Hilfszahlungen, wie wir es momentan vom Bildungsministerium fordern, sind richtig und wichtig. [6] Zusätzlich dazu, müssen wir weiterhin dafür sorgen, dass sich massive finanzielle Unsicherheiten während des Studiums gerade für Studierende ohne elterliche Unterstützung nicht in kommenden Krisen widerholen. Hierfür braucht es nach wie vor eine Erhöhung des BAföG-Satzes, um ein Studium bedarfsdeckend zu finanzieren, eine Ausweitung der Förderungsdauer auf eine realistische Studienzeit mit entsprechenden Ausnahmeregelungen, sowie die Vergabe von BAföG als Vollzuschuss, um eine zusätzliche Verschuldung auch durch eine möglicherweise verlängerte Studienzeit durch Krisen zu vermeiden.

Wie schon früher formuliert, ist das jetzige Konzept der sogenannten Regelstudienzeit durch eine realistische,tatsächliche und von Studierenden für die Bereitstellung ihrer Kurse einforderbare Regelstudienzeit mit Verlängerungen für besonders belastete oder ehrenamtlich tätige Studierenden zu ersetzen. Aktuell trifft die mangelhafte Ausgestaltung des BAföG gerade finanziell schlechter abgesicherte Studierende dreifach, zeitlich durch den Zwang, neben dem Studium zu arbeiten, finanziell durch die unzureichende ökonomische Absicherung und die nachgelagerte Abzahlung der Schulden und emotional durch den massiven Druck in Bezug auf die Studienleistungen, sowie die Unsicherheiten, die mit nicht-sozialversicherungspflichtigen Nebenjobs oftmals einhergehen.

Unterstützung internationaler Studierender

“Viele ausländische Studierende sind teilweise doppelt betroffen durch ihre eigene Situation hier in Deutschland und teilweise durch die Situation ihrer Eltern und Verwandten in den Heimatländern, die u.U. noch bedrückender ist.“[7]

Internationale Studierende müssen besondere Unterstützung erhalten. Wir schließen uns dementsprechend dem Schreiben des Bundes ausländischer Studierender an die Innen- und Wissenschaftsminister*innen der Länder, sowie an Bundesbildungsministerin Karliczek und an Bundesinnenminister Seehofer an. Die Forderungen beinhalten:

  • Einrichtung eines Notfallfonds für unverschuldet in Not geratene ausländische Studierende
  • Zugang zu BAföG ermöglichen | Großzügige Regelungen bei öffentlichen Stipendien
  • Aussetzung des sog. „Finanzierungsnachweises“ gegenüber der Ausländerbehörde
  • Nichtanrechnung eingeschränkter oder ausgefallener Semester auf die Aufenthaltsdauer im Aufenthaltsrecht
  • Ermöglichung der Verlängerung des Aufenthaltes für Studierende, die ihr Studium abgeschlossen haben, aber in Risikogebiete zurückkehren müssten
  • Verschiebung der Prüfungstermine und Verlängerung der Abgabefristen für Abschluss- und Hausarbeiten
  • Verschiebung von Fristen für einzureichende Unterlagen zur Immatrikulation

 

Zusammenfassend beinhalten diese Forderungen sowohl finanzielle Unterstützung vom Staat als auch Möglichkeiten zum Ausgleich von Nachteilen bezüglich des Studiums und des Aufenthalts in Deutschland, welche aufgrund der Pandemie dringend notwendig sind. Im Zuge des Solidarsemesters wird außerdem die Forderung nach einer unbeschränkten Arbeitserlaubnis während dem Sommersemester 2020 ergänzt. All dies wird auch für folgende Semester relevant sein. [8]

Gute Arbeitsbedingungen

Nicht nur Schwierigkeiten für Studierende, sondern auch für Lohnabhängige an den Hochschulen vermehren sich. Insbesondere sind davon der bereits prekarisierte wissenschaftliche Mittelbau und Lehrbeauftragte betroffen. Sie leiden unter den Unsicherheiten befristeter Anstellung, sowie der zusätzlichen Belastung durch die nun notwendigerweise zu entwickelnden neuen Lehr- und Lernformate.

Um die durch die Krise verstärkten Unsicherheiten abzubauen, ist die Verringerung des massiv hohen Anteil befristeter Stellen an Hochschulen notwendig. Im Jahr 2017   lag dieser mit 75,8% fast um das Zehnfache höher als im öffentlichen Dienst (7,8 %, ohne Wissenschaft) oder in der Privatwirtschaft (6,6 %). [9] Um Befristung abzubauen braucht es eine ausreichende Grundfinanzierung der Hochschulen und hierdurch die Abschaffung der Drittmittelförderung. Christian Drosten stellt beispielsweise im NDR-Podcast fest: „Wir sehen in der jetzigen Wissenschaftstätigkeit an der Epidemie, dass das Einwerben von Drittmitteln in seinem zeitlichen Umfang nicht mehr zu schaffen ist. Wir brauchen da unbedingt andere Mechanismen, wie wir direkt Geld dahin steuern können, wo es auch wirklich gebraucht wird, wo es wirklich eingesetzt werden kann. Und wo nicht denjenigen, die die Patienten behandeln und beforschen, die Zeit gestohlen wird.“[10] Die Aussage zeigt, wie aktuell und dringlich die Forderung nach einer Loslösung von konkurrenzgetriebener Projektförderung ist.

Neben der grundsätzlichen Abkehr von der Drittmittelfinanzierung ist eine Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetz notwendig, um den wissenschaftliche Mittelbau während der Krise und darüber hinaus abzusichern. Wir schließen uns des Weiteren den aktuellen Forderungen “nach einem kollektiven Nachteilsausgleich für Wissenschaftler*innen” der GEW an. [11]

Kapitalinteressen von der Hochschule verdrängen

Vorschläge für die 2. und 3. Phase der Corona-Krise des Arbeitgeberverbands GesamtMetall:

“Corona-bedingte betriebliche Schutzmaßnahmen dürfen nicht über die Corona-Pandemie hinaus im gesetzlichen Arbeitsschutz institutionalisiert werden, denn das Virus ist letztendlich Teil des allgemeinen Lebensrisikos und keine originär arbeitsbedingte Gefährdung.[…] Nicht akzeptabel wäre ein über das bestehende Recht hinausgehender Rechtsanspruch auf Arbeitsverweigerung bei entsprechender Gefährdungslage (siehe Frankreich, Italien).” [12]

 

Dieses Zitat zeigt, wie der von der GesamtMetall, einem der einflussreichsten deutschen Arbeitgeber*innenverbände, geforderte Weg aus der aktuellen Krise aussehen soll. Nicht nur im Sinne des Arbeitsschutzes, sondern in vielen weiteren Bereichen, beginnend bei der Kurzarbeit bis hin zu den lauten Forderungen nach dem schnellen Ende der Schutzmaßnahmen zugunsten wirtschaftlicher Interessen demonstrieren Unternehmer*innen ihre ignorante und ausbeuterische Haltung gegenüber der Arbeiter*innenklasse. Es gilt diese Kräfte zu bekämpfen – im Betrieb, auf der Straße, im öffentlichen Diskurs und eben auch in der wissenschaftlichen Forschung.

Gerade in Bezug auf die Findung von Behandlungsmethoden von COVID19 und eines potentiellen Impfstoffes gibt es ein massives Forschungsinteresse, das mit enormen wirtschaftlichen Interessen gerade der Pharmaunternehmen verbunden ist. Christian Schröder, stellvertretendes Mitglied der Ethikkommission des Landesamts für Gesundheit und Soziales des Landes Berlin, äußerte in einem Interview Kritik an dem durch Arzneimittelhersteller*innen aufgebauten Druck zur Arzneimittelzulassung im Zusammenhang mit COVID19. Dies kann zu einer unzureichenden Einschätzung der Risiken solcher Arzneimittel führen. [13] Dies kann für die Bevölkerung zur Folge haben, dass das eine Übel durch ein neues ersetzt wird und durch die dabei abgeworfenen Profite eine Umverteilung zu Gunsten der Pharmakonzerne voranschreitet.

Wir müssen an der Hochschule den Einfluss von Profitinteressen massiv zurückdrängen, Forschungsförderung durch Unternehmen unterbinden und die Einhaltung von Mindeststandards absichern. Dies ist gerade für uns ausgesprochen schwierig, da Gremien nicht ausreichend transparent arbeiten und die Rektorate ebenso wie die Unternehmen oftmals kein Interesse an der Öffentlichmachung gekaufter Forschung haben. Hierfür müssen wir die universitären Gremien, wie den Senat, genau beobachten und den Austausch mit den aktiven Gremienmitglieder suchen, um Drittmittel-Finanzierungen öffentlich zu machen, zu skandalisieren und Mehrheiten für eine unabhängige Forschung an den Hochschulen zu schaffen.

Online-Lehre verbessern

Aktuell ist die Online-Lehre für uns alle ein unzureichender Ersatz des gewöhnlichen Unibetriebs, an welchem wir nicht festhalten möchten. Das aktuelle Format der Online-Lehre ist oft unzureichend, wenig interaktiv und unkreativ gestaltet. Der Austausch zwischen Studierenden und Dozierenden kommt zu kurz. Gleichzeitig sind Lehrende neu in diesem Gebiet, überfordert und ungeschult. Es muss dementsprechend dringend zusätzliche Unterstützung von Expert*innen im Bereich der inklusiven Online-Lehre eingerichtet werden. Wir müssen die Hochschulen dazu drängen, hierfür umfangreiche neue Stellen zu schaffen und den Lehrenden den Raum zu geben, sich neue Kompetenzen anzueignen.

Weiter muss sichergestellt werden, dass bei Onlineangeboten die Datensicherheit von Teilnehmer*innen gegeben ist. Unter anderem deshalb, muss auf unternehmens unabhängige Lösungen hingearbeitet werden, wofür beispielsweise bundesweite Server für die Hochschulen eingerichtet werden sollten.

Dennoch wird es auch in Hinblick auf ein Ende der Pandemie hilfreich sein, die Präsenzlehre durch Onlineangebote zu ergänzen. Studierende mit körperlichen und/oder psychischen Beeinträchtigungen kann es zugutekommen, wenn sie Veranstaltungen zu einem Zeitpunkt wahrnehmen können, an denen es ihnen gesundheitlich möglich ist. Auch Studierenden mit Kindern und/oder Jobs mit unregelmäßigen Arbeitszeiten kann so über das Verpassen einiger Lehrveranstaltungen hinweg geholfen werden. Wir möchten Dozent*innen dazu anhalten, online Angebote auch nach der Pandemie zu ermöglichen. Hauptsächlich kommt hier das Filmen von Vorlesungen in Betracht, welche anschließend den Kursteilnehmenden zur Verfügung gestellt werden können. An einigen Universitäten  besteht diese Möglichkeit schon seit einiger Zeit, jedoch wird sie von Dozent*innen kaum genutzt. Wir fordern eine verpflichtende Unterstützung von Studierenden durch digitale Angebote auch nach der Rückkehr zur Präsenzlehre.

Grundsätzlich sollte selbstverständlich die Präsenzlehre inklusiv gestaltet sein, sodass auch in Präsenz die Teilnahme aller Studierenden möglich wird. Beispielsweise aber bei Konzentrationsschwierigkeiten oder in nicht planbaren Schüben verlaufenden Erkrankungen ist ein flexibel abrufbares Onlineangebot eine gute Ergänzung. Keinesfalls bezwecken wir damit die Präsenzlehre zu ersetzen, sondern diese bestmöglich zu erweitern und wollen Menschen, die nicht jede Präsenzveranstaltung wahrnehmen können, ermöglichen, nicht den Anschluss zu verlieren.

Gerade während der Corona-Pandemie fehlt vielen Studierenden die Präsenzlehre. Die Befürchtung, dass mit der Onlineverfügbarkeit von Vorlesungen die Säle leer blieben, scheint also unbegründet.

Weiter muss die demokratische Beteiligung an der Gestaltung und den Inhalten der Lehre und Forschung dringend ausgebaut werden. Denn welche Lehrinhalte für unsere Gesellschaft bedeutsam sind, welche Werte zum Tragen kommen sollen und in welchen Bereichen es an Forschung bedarf, darf nicht allein von Einzelpersonen mit Professor*innentitel entschieden werden. Dies gilt egal, ob in Bezug auf Präsenz- oder Online-Lehre. Wir müssen progressive Standards digitalen Lernens und Lehrens spätestens jetzt diskutieren, erstreiten und für sie kämpfen.

Demokratische Beteiligung stärken

In letzter Zeit war in den Medien oft von “Stunde der Exekutive” zu lesen. Dieser Slogan hat auch an den Hochschulen seit Eintreten der Krise an Bedeutung gewonnen. In Zeiten in denen die ausschließlich professoral besetzen Rektorate der Hochschulen schnell entscheiden und handeln (müssen), wird deutlich, dass nicht nur ein zu gleichen Teilen von allen vier Statusgruppen [14] besetzter Senat notwendig ist, sondern, dass auch im Rektorat Studierende und Vertreter*innen der wissenschaftlich, ebenso wie technischen und in der Verwaltung tätigen Angestellten der Hochschulen notwendig sind. Nur so kann die Hochschule in eine gemeinschaftliche Organisation durch Angestellte, Professor*innen und Studierende überführt werden und eine breite Interessenvertretung gewährleistet werden.

Da dies momentan noch nicht der Fall ist, schlagen wir vor, dass sich SDS Basis-Gruppen mit linken Kräften im Wissenschaftlichen Mittelbau, in Technik und Verwaltung und unter den Professor*innen vernetzen und gemeinsam arbeiten. Es macht hier möglicherweise Sinn, sich als statusgruppenübergreifende Parteigruppe an der Hochschule zu organisieren: Wir gehen nämlich davon aus, dass der Zweck der Hochschulen, die Wissenschaft zu organisieren, nur fernab von Profitmotiv und elitärem Denken durchgesetzt werden kann: gemeinsam als Projekt von wissenschaftlich Arbeitenden.

Das Schöne Leben

Hearts starve as well as bodies, give us bread, but give us roses” [15]

Die Corona-Krise bringt massive Veränderungen des Alltags mit sich und verschlechtert die Lern- und Arbeitssituation aller Studierender. Ein linker Anspruch ist nicht nur die Abwehr sozialen Elends und das Streben nach Gerechtigkeit, sondern eben auch das Streben nach einem schönen Leben für alle – nach Kunst, Kultur, Wissenschaft, Bildung, Geselligkeit und einem solidarischen Miteinander. Eben auch dieses schönen Leben erfährt durch die Krise und die Kontaktbeschränkungen massive Einschnitte. Manche dieser Einschnitte und Umgestaltungen sind zumindest bis zum heutigen Wissensstand unvermeidbar, trotzdem sollten wir den Anspruch an ein schönes Leben dabei nicht vergessen und uns bemühen, für uns selbst, aber auch für unsere Kommiliton*innen einen Ausgleich zu schaffen. Der erste Schritt ist es, in den Basis-Gruppen das Private dezidierter als politisch zu begreifen, Raum für einen persönlichen und emotionalen Austausch zu bieten, sich Zeit für gemeinsames Lesen oder entspannte Treffen im Park mit Abstand zu nehmen, notwendig isolierte Risikogruppenmitglieder zu entlasten und zu versorgen.

Es ist wichtig, dass wir füreinander da sind und gerade in dieser belastenden Situation aufeinander achten. Ebenso ist es wichtig, dass wir den Kontakt und den Austausch mit unseren Kommiliton*innen suchen. Hier sind sicherlich noch Konzepte auszuarbeiten. Ein spannendes Konzept um der Vereinsamung entgegenzuwirken und ein Gefühl der Geselligkeit zu schaffen sind zum Beispiel Silent Reading Parties. Ein sehr einfaches, auch online abhaltbares Konzept, das nicht mehr bedarf als eines Online-Raumes, entspannender Musik und einige Leute, die Lust haben gemeinsam zu lesen oder zu lernen. Was erstmal befremdlich klingt hat, hat bei der ersten Virtuellen Silent Reading Party zu enorm vielen positiven Rückmeldungen geführt. [16] Dies ist nur eines von vielen möglichen Formaten an deren Ausarbeitung wir sicherlich weiterhin arbeiten sollten.

Praktische Umsetzung

Nach der Ausformulierung verschiedener Forderungen stellt sich nun die Frage nach der praktischen Umsetzung eben dieser. Die Corona-Krise erschwert nicht nur unseren Alltag, sondern auch unsere politische Praxis. Nun stehen wir vor dem Widerspruch, dass unsere politische Arbeit dringender und nötiger denn je ist und wir uns gleichzeitig in der Umsetzung massiv einschränken müssen. In der Konsequenz soll das nicht dazu führen, dass wir unsere Arbeit beiseite legen. Stattdessen müssen alternative Formen der Kontaktaufnahme und der Mobilisierung bzw. des Organizings entwickeln. Hier werden bereits gute und spannende Ansätze verfolgt. Im Zuge der Petition zum Solidarsemester wurde den Unterzeichner*innen angeboten, ein Kontaktformular auszufüllen. Diese Möglichkeit wurde von mehreren hundert Studierenden bundesweit genutzt und somit der Kontakt zu Studierenden geschaffen, welche offensichtlich von unseren politischen Forderungen angesprochen werden, aber teilweise an Hochschulen und in Städten studieren, an und in denen es bisher noch keine SDS-Ortsgruppen gibt.

Eine weitere Option den Kontakt zu den Studierenden zu suchen, die wir nicht mehr in unserem Alltag auf dem Campus antreffen können, sind Online-Veranstaltungen. Diese haben allerdings nur eine begrenzte Reichweite, weswegen es sinnvoll ist, beispielsweise die Briefkästen von Studi-Wohnheimen zu nutzen, um auch Studierende außerhalb der “linken Online-Bubble” zu erreichen.

Sofern an den jeweiligen Hochschulen hochschulweite Studi-Mail-Verteiler bestehen, sollten wir uns unbedingt über den AStA, die Fachschaften, oder auch die Vertretungen studentischer Hilfskräfte Zugang zu diesen verschaffen. Dies ist der einzige und effektivste Weg, wirklich alle Studierenden einer Hochschule zu erreichen.

Die aktuelle Situation der Studierenden ist zum Teil sehr unübersichtlich und uns fehlen verlässliche Daten, mit denen wir unsere Forderungen konkretisieren könnten. Gleichzeitig fallen viele Aktivitäten der ASten aufgrund der aktuellen Einschränkungen weg. Wir sollten dafür wirken, dass die hierdurch frei gewordenen Gelder dafür genutzt werden, valide Daten über die Lage der Studierenden zu sammeln (bspw. in Form von Umfragen). Hier bietet sich eine enge Zusammenarbeit mit den Studierendenwerken an. Im Zuge der Umfragen, sollten wir die Studierenden auffordern, selbst politisch aktiv zu werden und direkt Angebote dafür schaffen.

Die Methode des Organizing lehrt uns, dass gerade der persönliche Kontakt für die Aktivierung und Selbstermächtigung einzelner besonders wichtig ist. Momentan können wir diesen persönlichen Kontakt nur eingeschränkt ausüben, umso wichtiger wird in diesen Tagen die Rolle von Telefonaten. Wir sollten gerade neue Aktive in unseren Gruppen individuell anrufen, uns nach deren politischer Motivation erkundigen und versuchen, so gut es geht Fragen zu klären und zu unterstützen. Des Weiteren bietet es sich an, mit den Ortsverbänden der Partei DIE.LINKE  zusammenzuarbeiten und darauf hinzuwirken, sich die Kontaktdaten der studentischen Mitglieder, die bereits Genoss*innen sind, aber noch nicht aktiv politisch arbeiten, geben zu lassen. Eine Telefonaktion ist hier eine gute Möglichkeit den Kontakt und Austausch zu suchen, was hoffentlich auch in neuen Aktiven resultiert.

Für unsere interne Organisation, sollten wir vorerst weiterhin das Medium der Online-Plena nutzen. Hierdurch gehen viele Gespräche, die normalerweise am Rande der Plena außerhalb der Tagesordnung geführt werden verloren. Um das auszugleichen, macht es möglicherweise Sinn, ein weiteres Online-Treffen neben den regulären Plenum auszurichten, in dem es keine Tagesordnung gibt, sondern das dem persönlichen und politischen Austausch untereinander dient.

Der beste Fall

Zu guter letzt besteht immer noch die Möglichkeit, dass der allerbeste Fall eintritt. Es besteht die Möglichkeit, dass unerwartet schnell nun doch eine medizinische Methode zum Umgang mit der Epidemie gefunden, oder  neue Erkenntnisse gewonnen werden, welche die aktuellen Einschränkungen unnötig machen. Wir wünschen uns nichts mehr als das. Wenn eben dieser Fall eintreten sollte, treten wir selbstverständlich für eine uneingeschränkte Öffnung der Wissenschaft ein, kehren zu unserem politischen Alltag zurück und kämpfen weiter mit bekannten, erprobten und vielleicht sogar verbesserten Methoden für eine bessere Welt. Wir werden aber die Folgen der Krise und unseren Umgang damit analysieren und Ausbreitung und Diskriminierungen unter veränderten Umständen bekämpfen müssen. Auf dass dieses unsolidarische System, genannt Kapitalismus, ein Ende findet und wir endlich gemeinsam, demokratisch und solidarisch beginnen können, eine neue Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, den Sozialismus, zu gestalten.

Auftrag an die Basis-Gruppen und den Bundesvorstand

Sofern dieser Antrag auf dem Bundeskongress angenommen wird, sind die darin ausgearbeiteten Punkte entsprechend der Möglichkeiten in den einzelnen Basis-Gruppen umzusetzen. Aufgrund der sich ständig ändernden Situation und dem Zugewinn neuer Erkenntnisse, soll der Bundesvorstand den Antrag bis zum nächsten Bundeskongress weiter ausarbeiten, wo nötig überarbeiten und noch nicht ausgearbeitete Aspekte ergänzen. Diese aktualisierte Version soll wiederum zur Abstimmung auf dem nächsten Bundeskongress eingebracht werden.

 

A18.   Hoch die intersektionale Solidarität!

Es ist kein neues Phänomen, dass insbesondere konservative und rechtsextreme Regierungen unter dem Deckmantel der Krise ihre insbesondere queerfeindliche Politik umsetzen. So wurde Ende März in Ungarn unter der rechtsextremen Regierung ein Corona-Gesetzespaket verabschiedet, was in einem Artikel die rechtliche Anerkennung zum Personenstandswesen trans*- und intergeschlechtlichen Menschen verweigert. Doch auch im erzkonservativen Polen entstehen seit Ende 2019 in Städten und Kommunen immer mehr sogenannte „LGBT-freie“  Zonen. Trotz dieser offen queerfeindlichen Politik dieser Städte, gab es in Deutschland vergleichsweise wenig Städte, die als Reaktionen ihre Städtepartnerschaften beendeten. Doch auch in Deutschland wurden nicht nur die politischen Diskurse bezüglich LGBTQIA*+-Rechte in einen Tiefschlaf versetzt, sondern erst in einer kürzlich geführten Debatte um die Aufhebung der Restriktionen aufgrund der sexuellen Orientierung bei der Blutspende entschied der Bundestag, trotz Blutspendenknappheit durch die Coronakrise, die Regelung nicht aufzuheben. Eine Regelung, welche sogar im bereits erwähnten rechtskonservativen Ungarn aufgehoben wurde und eine Stigmatisierung von schwulen, bisexuellen Männern und trans*Personen darstellt, die ihre Ursprünge in den USA hat.

Queere Bewegungen als Vorbild für unsere Verbandspraxis

Der Beginn der queeren Bewegungen mit dem Anfängen bei den Stonewall Inn – Aufständen in Rahmen einer Polizeirazzia zeigt, wie essentiell die Vereinigung der Klassenkämpfe im Kapitalismus ist. Das Stonewall Inn liegt auf der Christopher Street im Stadtteil Greenwich Village in New York, ein Stadtteil, was gekennzeichnet war von Armut und Obdachlosigkeit. Viele der obdachlosen Menschen waren jungen Menschen, meist (B-)PoCs und trans*Personen. Das spiegelt sich auch bei der wohl bekanntesten Person wieder, die mit den Stonewall Inn – Aufständen und dem Beginn der queeren Bewegung in Verbindung gebracht wird: Marsha P. Johnson, eine schwarze, damals 24 Jahre alte und obdachlose trans*Frau.

Doch auch die Dekonstruktion von (heteronormativen) Familien- und Erziehungsmodellen bringen neue Erkenntnisse zu Reproduktions-  und Produktionsverhältnissen hervor.

Was können wir nun daraus in unsere sozialistische Praxis mitnehmen ?

Die queere Bewegung, die eins sich den antirassistischen, antikriegs und antikapitalistischen Kämpfen anschloss ist heute insbesondere in Deutschland kaum noch sichtbar. Nur vereinzelt gibt es sogenannte „alternativen“ CSDs , wo die politischen Forderungen im Vordergrund stehen und Klassenkämpfe verbinden.

Als sozialistischer Studierendenverband müssen wir dazu beitragen, Wissen und Informationen an die einzelnen Gruppen weiterzutragen. Hierdurch sollen sexistische bzw. queer*feindliche Positionen deutlicher zu erkennen sein und emanzipatorische Ideen und respektvolle Umgangsweisen entwickelt und gefördert werden. Auch soll die Beteiligung an queeren Protestaktionen und Demonstrationen vor Ort erleichtert werden. Diskriminierung und Ausschluss sind noch immer alltäglich. Gerade für uns als Sozialist*innen gilt es, mit den Unterdrückten zusammen gegen die Unterdrücker*innen vorzugehen und so die Ursachen an den Wurzeln des kapitalistischen Systems [zu finden und] zu bekämpfen!

Unsere Forderungen:

Die Wissenslücken vieler Genoss*innen müssen geschlossen werden. Noch immer wird innerhalb de SDS aber auch der LINKEN Queer Politik als reine Identitätspolitk abgestempelt. Dabei ist Queer Politik eine Bündnispolitik, die aus gesellschaftlichen Außenseiter*innen besteht und die in ihren Anfängen aus dem Nichts mit wenigen Ressourcen eine so prägende, starke Bewegung wurde, die die den eins negativ besetzten Ausdruck „queer“ dekonstruierte und heute als positiv besetzte Eigenbezeichnung verwendet und immer wieder ihre Freiräume schafft.

Daher gilt es, diese Wissenslücken mit Veranstaltungen, Bildungsarbeit und Aktionen zu schließen. Durch ein Zusammenwachsen der queeren Community innerhalb des SDS erhoffen wir uns eine stärkere Positionierung und eine vielseitige Agenda, die queere Menschen, die für ihre eigene Befreiung und Gleichberechtigung kämpfen, sowohl innerhalb, als auch außerhalb der Organisation zu stärken und zu unterstützen versucht.

Als die Linke.SDS verurteilen wir trans*exkludierende Positionen ausdrücklich. Dies betrifft nicht nur den expliziten Ausschluss oder die Hassschürung gegen trans*Frauen, sondern auch das Beharren auf binären Genderidentitäten; z. B. die Vorwürfe gegen nicht-binäre Queers, sie würden durch ihre Existenz und Selbstbehauptung den feministischen Kampf schwächen.

 

A19.   Feminismus in Zeiten von Corona

Die Auswirkungen der Corona-Krise und die damit einhergehende Wirtschaftskrise treffen im noch unvorhersehbaren Ausmaß FINT* (Frauen, inter, nonbinäre und trans* Personen) besonders hart: sie werden durch die Wechselwirkung von Sexismus und dem ganz normalen Wahnsinn, den wir Kapitalismus nennen, im besonderen Maße ausgebeutet.
Viele Feminist*innen betrachten die Corona-Krise daher unter dem Blick einer „Reproduktionskrise“, um die besonderen Auswirkungen auf die Entwicklungen in diesem Bereich zu legen und dortige Unterdrückungs- und Ausbeutungsverhältnisse hervorzuheben. Der Auslöser der aktuellen Krise kommt diesmal nicht vom Finanz- und Bankensektor, sondern wegen einer Pandemie werden Menschen und damit Arbeitskräfte in ausgesprochen hoher Anzahl krank, fallen für mehrere Wochen aus oder sterben sogar. Und genau hier drin liegt der Widerspruch das das Problem für die kapitalistische Ausbeutung: die einzige Möglichkeit eine Ausbreitung des Virus und damit hohe Kranken- und Totenzahlen (und damit das Wegbrechen von Arbeitskraft, als auch unvorhersehbare politische Auswirkungen) zu verhindern, ist genau die Möglichkeit die ebenso zum Fehlen von Arbeitskraft führt und den Produktions- und Ausbeutungsprozess behindert. Nämlich Arbeitskräfte zu isolieren, in Quarantäne zu stecken, teilweise Produktionen herunterzufahren, umzustellen oder ganz zu stoppen. Dieses Dilemma zwischen Aufrechterhaltung der Produktion (der Mehrwertschöpfung) und auf der anderen Seite Schutz der Arbeitskräfte, (vornehmlich die Aufgabe des Staates, des „ideellen Gesamtkapitalisten“) drückt sich in den verschiedenen Debatten und Reaktionen der Regierungen auf die Krise aus.
Wie in jeder Krise bedeutet dies eine Verschärfung der eh schon prekären Lebensverhältnisse. Wie erste Studien zeigen trifft der Virus insbesondere Menschen mit erschwerten Zugang zu Gesundheitsversorgung (Personen mit unsicherem Aufenthaltsstatus oder, die sich die Versicherung nicht leisten können), als auch jene, die aufgrund ihrer Arbeit dem Virus besonders ausgesetzt sind, oft mit unzureichenden hygienischen Schutzmaßnahmen, sei das in prekären Arbeitsverhältnissen in der Fleischfabrik (wo insbesondere Migrant*innen betroffen sind) oder direkt in der Pflege im Krankenhaus oder Pflegeheim (mehrheitlich FINT*).
Diese International zu beobachtenden Tendenzen finden sich auch in spezifischen Ausformungen in Deutschland wieder. Insbesondere wird deutlich, dass bestimmte Sektoren, die nun viel als „Systemrelevant“ bezeichnet wurden und in deren Bereichen mehrheitlich FINT* und Migrant*innen arbeiten, von prekären Arbeitsverhältnissen geprägt sind und oft wenig (monetäre) Anerkennung erfahren. Zudem sind jene Bereiche die zentral für die „Reproduktion unseres Lebens und unserer Arbeitskraft“ wichtig sind, bereits in den letzten Jahren Angriffsziel neoliberaler Umstrukturierungen und Kürzungen geworden. Allen voran das Gesundheitssystem. Das allgemeine kapitalistische Credo der Regierung “Reproduktion und Fürsorge der Arbeitskräfte so viel wie gerade notwendig, dabei so effizient und billig wie möglich zu gewährleisten”, diese Regel trifft auf eine Pandemie, eine Krise der Reproduktion, einen Augenblick wo das “reproduzieren am Limit” sich rächt, weil jeglicher Spielraum weggekürzt wurde.
Mit diesen Zuspitzungen kann aber auch eine Politisierung und neue Macht entstehen: die Anerkennung der Arbeit von Pfleger*innen steigt und die bereits entstandene Politisierung der letzten Jahre im Sektor trifft nun auf diese Sondersituation, wo nochmal deutlich wird, wie wichtig ihre Forderungen für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal waren und weiterhin sind.

Ebenso scheint sich in Deutschland aber auch International eine neue Generation herauszubilden, die sich nicht nur an einzelnen Fragen organisiert, sondern ein breiteres Verständnis für Ungerechtigkeit und Antikapitalismus entwickelt. Die feministische Bewegung spielte auch hier eine wichtige Rolle in den letzten Jahren und führte unter anderem dazu, dass auch aktuelle Proteste (Klimabewegung, BLM) von vielen Frauen mit angeführt wird.

Diese Erfahrung kann als Initialzündung für eine Politisierung von FINT* wirken: nach der Wirtschaftskrise 2008 bildeten sich neue Protestbewegungen wie zum Beispiel Bloccupy, heute gehen in den USA junge Menschen – darunter viele Schwarze FINT* – auf die Straße, um gegen rassistische Polizeigewalt zu protestieren. Die Wut vieler PoC über Rassismus wurde durch die Krise noch größer: sie beklagen mehr Opfer von Corona und verlieren ihre Arbeit öfter oder können ihr nicht mehr nachgehen.

 

Who can stay home ? – Care-Arbeit in Krisenzeiten

Auch wenn die anfängliche Euphorie darüber, dass Home Office gleichbedeutend mit mehr Freizeit sei, groß war, wurden insbesondere bei FINT* die Realzustände schnell spürbar. Die Zeit, die für die  Kinderbetreuung zu Hause benötigt wird stieg bei Frauen um durchschnittlich 1,6 Stunden an. Das ist dreimal soviel wie bei den Männern.

Die Kombination von Reproduktionsarbeit und Lohnarbeit belastet laut Stepstone mehr Frauen als Männer, sie fühlen sich zum Beispiel öfter von ihr gestresst oder sehen sich häufiger gezwungen, Urlaub zu nehmen, um die Kinder zu betreuen; Alleinerziehende, die Lohnarbeit verrichten müssen und studieren, sind besonders von dieser Doppelbelastung betroffen. Einrichtungen wie KiTas, Schulkinderbetreuung oder Jugendhäuser wurden geschlossen, Ehrenamtliche können nicht mehr arbeiten und Hilfsorganisationen mussten die Arbeit einstellen, Ersatzangebote gibt es nur sehr wenige.

Die Corona-Krise hat vor allem eins gezeigt: Diejenigen, die die Gesellschaft am Laufen halten, sind diejenigen, die in den sogenannten „systemrelevanten Berufen“ arbeiten. Das sind unter anderem Pflegekräfte, Angestellte im Einzelhandel und Reinigungskräfte: schlecht bezahlte und oft befristet beschäftigte FINT*, die in diesen Berufen ein erhöhtes Ansteckungsrisiko eingehen und unzähligen Menschen das Überleben ermöglichen. Oftmals betrifft dies migrantische oder asylsuchende FINT*, Sinti und Roma, die oft im Niedriglohnsektor mit prekären Arbeitsverhältnissen teils ohne gültige Papiere oder gar einen Arbeitsvertrag arbeiten und somit ohne Anspruch auf Arbeiter*innenrechte haben. Hier existiert sogar eine zusätzliche Belastung, da jene FINT* oft in den Unterkünften auf engsten Raum wohnen, ständig von Menschen umgeben, ohne Privatsphäre und die Möglichkeit, sich zurückzuziehen. Gleichzeitig werden eben diese Unterkünfte, sei es Unterkünfte für geflüchtete Menschen oder in Plattenbauten wohnen, wo hunderte Wohnungen auf kleinen Flächen gebaut sind und dadurch tausende Menschen gezwungenermaßen auf engstem Raum leben, als „Cornona-Hotspots“ stigmatisiert.

 

Mediale Darstellung von FINT* in der Wissenschaft und Politk

Die Medienlandschaften zeigen während der Corona-Krise vor allem ein Bild: Es gibt scheinbar keine nicht-männlichen Virolog*innen und Expert*innen. Und auch in der Politik sind es scheinbar nur Männer, die die wichtigen Entscheidungen in dieser Krise treffen. Wenn dann mal nicht-männliche Personen zu Wort kommen, dann sind es Ministerinnen wie Karliczek, die maßlos an ihrer eigenen Inkompetenz scheitern. Woran das dann liegen mag, scheint in der breiten Öffentlichkeit niemanden so recht zu interessieren, ebenso wie die geringe Anzahl der dargestellten FINT* selbst. Entweder gibt es einfach keine FINT*, die es schaffen, den Status eine*r Wissenschaftler*in der Virologie zu erreichen oder es gibt kein Interesse seitens nicht-männlicher Studierenden oder Virolog*innen daran, sich der Öffentlichkeit zu stellen. Vielleicht sucht sich die Presse auch einfach lieber väterliche Heldenfiguren.

Egal in welcher Interpretation der Gründe: das patriarchale Denken der Öffentlichkeit oder der Mehrheitsgesellschaft wird offenbart.

 

Gewalt gegen FINT*

Ein großer Teil der Zeit wird als Maßnahme zur Eindämmung des Virus zu Hause verbracht. Wenn dort Gewalt gegen FINT* ausgeübt wird, haben viele von ihnen keinen Rückzugsort und keine Pause von Schlägen und Misshandlungen. Das „Hilfetelefon Gewalt Gegen Frauen“ verzeichnete während der Corona-Krise eine erhöhte Anzahl an Anrufen (WDR), doch hier finden nur diejenigen Hilfe, die welche suchen. Oft können Ärzt*innen, KiTa-Mitarbeiter*innen und Freund*innen erkennen, wenn FINT* Gewalt erleben, doch durch Kontakteinschränkungen und KiTa-Schließungen ist dieses Hilfsnetzwerk löchrig geworden. Wenn ein Ausbruch aus der Gewalt gewagt wird, wird die Suche nach einem Platz im Frauenhaus schwierig: nur Sachsen-Anhalt erfüllt die vom Europarat empfohlene Quote von einem Frauenhausplatz pro 7500 Einwohner*innen (Katapult).

Feministische Verbandsarbeit weiterentwickeln

Wir wollen weiter die Arbeit des BAK SozFem (Sozialistischer Feminismus) fortführen und sowohl die sog. Corona-Krise aus feministischer Perspektive begleiten, als auch neue theoretische Grundlagen erarbeiten. Hierzu wird eine weitere Zusammenarbeit mit dem BAK Queer zur Debatte um Queer Theory und Queerfeminismus angestrebt, als auch eine neue Zusammenarbeit mit dem BAK Anitra zur Tradition des Black Feminism und der Intersektionalitätstheorie.

Außerdem prüft der BAK SozFem mit dem vom SDS nominierten Parteivorstandsmitglied und der Abteilung politische Bildung der LINKE eine vertiefte Zusammenarbeit zu einer gemeinsamen feministischen Grundlagenbildung in Partei- und Jugendstrukturen. Ggf. wird hierzu ein Antrag für den Bundesparteitag vorbereitet und eingebracht.

Ebenso wird angestrebt sich im Herbst erneut im SDS Bundesverband und der Partei zu vernetzen, bezüglich der Protestaktionen zum 8.März.

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