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Stellungnahme des SDS-Bundesvorstands zur Menschenjagd in Chemnitz

Erschüttert und in tiefer Sorge haben wir die Berichterstattung zum rechtsextremen Mob verfolgt, der durch Chemnitz marodiert ist und Migrant*innen und Linke gejagt hat.
Wir sind zornig darüber, dass der Tod eines Mannes für die Ausschreitungen instrumentalisiert wurde. Unsere Gedanken sind bei seinen Angehörigen und allen, die ehrlich um ihn trauern.

Erst kürzlich wurden vier unserer Genossen in Oberhausen von Hools verprügelt, weil sie Sozialisten sind. Nun sehen wir, wie in Chemnitz ein Schlägertrupp von 800 Männern durch die Straßen zieht, Hitlergrüße zeigt, Migrant*innen als “Viehzeug” bezeichnet und “Zecken klatschen” will – ungestoppt von der Polizei.

Wir fühlen uns nur allzu zu deutlich an die SA erinnert.
Aufs Schärfste verurteilen wir das Versagen der Polizei Chemnitz. Der Mär von der überforderten Polizei schenken wir keinen Glauben. Denn wir wissen, wie hochgerüstet die Polizei bei linken Demonstrationen auftritt. Nicht erst seit G20 kennen wir die brutalen Eingriffe der Polizei bei Demonstrationen, wenn sie nur will.
Der Marsch der Rechten wurde gewährt und in Kauf genommen – aufgrund bewusster und systematischer Unterschätzung des Problems des Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus seit vielen Jahren und Jahrzehnten.

Der rechte SA-Mob hätte nicht in dieser Form marschieren können, wenn die AfD, in Gestalt von Markus Frohnmaier, einem lupenreinen Faschisten, die Stimmung nach dem Tod des Mannes nicht dermaßen aufgeheizt hätte. In einem Tweet fordert Frohnmaier zu Lynch- und Selbstjustiz auf. Diese Partei ist nicht mehr rechtsstaatlich, wenn sie es denn jemals war.

Die Verbündeten der Rechtsextremen bei der AfD (die sich gerne ganz parlamentarsch gibt), in Behörden, im “Verfassungsschutz”, bei der Polizei und im Staat machen solche Aufmärsche möglich. Sie machen “Zwischenfälle” wie den des LKA-Mitarbeiters und Pegida-Demonstranten möglich, der Journalisten mit Hilfe der Polizei an der Ausübung ihrer Pressefreiheit gehindert hat. Sie machen einen Komplex wie den NSU möglich, der jahrelang ungehindert rassistisch morden konnte.
Und die strukturelle Rechtslastigkeit der Behörden verhindert die Aufarbeitung solcher Vorfälle und Gewalttaten.

Während wir als Sozialist*innen und Kommunist*innen diskriminiert und kriminalisiert werden, können die Neonazis mehr oder weniger unbehelligt tun und lassen was sie wollen. Ein Staat, der solches zulässt, ist nicht unserer.

Wir danken den Antifaschist*innen vor Ort, die gestern eine Gegendemonstration auf Schnellste organisiert haben. Sie sind einer der letzten Puffer, der die bürgerliche Gesellschaft im Moment noch vor dem Abdriften in die Barbarei bewahrt. Jegliche Kriminalisierung dieser Menschen und Gleichsetzung mit den Neonazis macht sich mit dem braunen Mob gemein.

Die Fixierung auch des liberalen Spektrums auf “die Antifa”, in ihren Augen gewaltbereit, macht sie blind für das reale Problem des Rechtsextremismus und -terrorismus. Die gegenwärtige Situation zeigt einmal mehr, dass wir uns auf die Liberalen nicht verlassen können, wenn das Leben von Migrant*innen und unser Leben als Sozialist*innen bedroht und angefeindet wird.

Die Antifaschist*innen gestern in Chemnitz, die Antifaschist*innen, die sich seit Jahren Pegida- und sonstigen rechten Demos entgegenstellen, sie sind ein Bollwerk der Menschlichkeit in dieser Gesellschaft, die immer mehr in einen neuen Faschismus abdriftet, der sich lange als Kontinuität vorbereitet hat.

Wir appellieren in aller Dringlichkeit an alle: Organisiert euch. Werdet aktiv. Steht auf und sagt Nein zur Bedrohung unseres Lebens.
Und wir bitten euch in Angst: Passt auf euch auf, wenn ihr schon politisch aktiv seid und eine menschliche Position vertretet.