07. Oktober 2025

All Eyes on Gaza Demobericht


Am 27. September waren 100.000 Menschen in Berlin auf der Straße, um gegen den Genozid an den Palästinenser*innen zu protestieren. Die Organisator*innen hatten sich zum Ziel gesetzt, die bisher größte palästinasolidarische Demonstration in Deutschland auf die Beine zu stellen – sie waren in der Hinsicht erfolgreich: es waren nochmal deutlich mehr Menschen auf der Straße als im Juni bei der United 4 Gaza Demo mit 50.000 Teilnehmer*innen. Wir waren mit 15 Ortsgruppen dabei!

Diese Steigerung zeigt, dass sich mittlerweile auch Teile der Bevölkerung trauen, gegen den Genozid und die deutsche Komplizenschaft zu protestieren, die bisher geschwiegen haben. Sicherlich hat die Größe der Demo auch mit dem breiten, bürgerlichen Orgabündnis zu tun: Aktivist*innen, die schon lange in der Palästinasolidaritätsbewegung aktiv sind, NGOs wie Amnesty International oder medico, und auch Die Linke. Die Forderungen der Zusammen für Gaza-Demo waren relativ weitreichend: Ende des Völkermordes, Beendigung jeglicher militärischer Kooperationen mit Israel, Zugang zu humanitärer Hilfe, ein Ende der seit Jahrzehnten andauernden Vertreibung und der illegalen Besatzung des palästinensischen Gebiets, Ende der Unterdrückung legitimer Proteste und freier Meinungsäußerung der Palästina-solidarischen Bewegung. Angeführt wurde die Demo von der palästinensischen Community, antikolonialen und internationalistischen Gruppen. Auch viele Gewerkschaftsmitglieder waren auf der Straße. Und viele Menschen waren sicherlich zum ersten Mal gegen den Genozid auf der Straße.

Die Rolle der Linken
Die Linke hat nicht nur zu lange geschwiegen, sondern an vielen Stellen dazu beigetragen, propalästinensische Stimmen mundtot zu machen. Um so wichtiger, dass sie zu dieser Demonstration aufgerufen haben. Dennoch lässt sich feststellen, dass die Linke immer noch nicht geeint an einem Strang zieht. Namhafte Linke Politiker*innen haben zu einer Gegenkundgebung aufgerufen. Pro-israelische und sogenannte antideutsche Akteure können weiter unbehelligt in der Partei aktiv sein und dieses Engagement auch ohne Konsequenzen nach außen tragen. Bodo Ramelow wird für sein unterirdisches Interview sogar noch in Schutz genommen. Währenddessen werden palästinasolidarische Parteimitglieder wie Ulrike Eifler als antisemitisch diffamiert oder im Fall von Ramsis Kilani sogar ausgeschlossen. Wir stehen weiterhin solidarisch an der Seite der beiden und fordern eine klare und aufrichtig solidarische Positionierung mit der palästinasolidarischen Bewegung. Viele Kreisverbände sind dem Aufruf des Parteivorstands gefolgt und haben zur Demo in Berlin mobilisiert. In 35 Kreisverbänden wurden Busanreisen von der Parteibasis organisiert und auch einige Linke Abgeordnete beteiligten sich an den Aufrufen.

Repressionen gegen die Bewegung
Der Erfolg der Demo ist aber sicherlich nicht allein der Verdienst der Partei. Es ist nämlich so: diese Demo wäre nicht möglich gewesen ohne die Menschen, die schon seit zwei Jahren oder länger auf die Straße gehen, und seitdem andauernd Repressionen in Form von Polizeigewalt, Gerichtsverfahren und Diffamierungen durch Presse und Politiker*innen erfahren. Auch am Samstag wurde die parallel stattfindende Demo „United for Liberation, Against Normalization“ mit massiver Polizeigewalt beendet. Wir verurteilen die massive Polizeigewalt am Samstag und die damit einhergehende Unterscheidung in „gute“ und „schlechte“ Protestierende und die Repression gegen die maßgeblich von palästinensischen und migrantischen Personen geführte Demonstration.

Antizionismus ist kein Antisemitismus!
Nach der Demo waren online einige Statements zu lesen, in denen Menschen beklagten, sie wären vorher nicht in der Lage gewesen auf propalästinensischen Demonstrationen zu laufen, da die Gefahr von antisemitischen Vorfällen zu groß wäre. Das ist aus verschiedenen Gründen problematisch: Einerseits geht man von der Annahme aus, dass Kritik am Staat Israel oder antizionistische Positionen antisemitisch seien. Außerdem unterstellt man den oft migrantisch geprägten Protesten, dass sie antisemitisch seien und reproduziert das Narrativ, dass Antisemitismus ein importiertes Problem sei.

Wir sagen klar: Antizionismus ist kein Antisemitismus! Die deutsche Staatsräson, die jüdische Menschen und den Staat Israel gleichsetzt, ist antisemitisch. Die Forderungen der Zusammen für Gaza-Demo waren richtig, aber sie erfassen noch nicht den Kern des Problems. Nicht Netanyahu und die rechtsradikale Regierung sind die Ursache der Unterdrückung der Palästinenser*innen, es ist der Zionismus und Israel als koloniales Projekt selbst. Was in der palästinasolidarischen Bewegung in Deutschland und vor allem international klar benannt wird, ist für einen Großteil der deutschen Bevölkerung ein Tabuthema und wird vom deutschen Staat vehement mit Repressionen bekämpft. Deshalb müssen wir auch in den Diskurs in Deutschland eingreifen und diese Positionen stärken.

Was tun?
Um es in den Worten unseres Genossen Ramsis Kilani zu sagen: „Es ist nicht entscheidend, ob das wie für mich eure 1.000. Demo in dem letzten Jahrzehnt für Palästina war oder ob das eure erste Demo für Palästina ist: es ist nur wichtig, dass es nicht eure letzte bleibt.“

Die Demo sollte ein Anstoß für alle sein, sich weiter zu informieren und mit dem eigenen Umfeld ins Gespräch zu kommen. Es ist uns auch wichtig zu betonen, dass es nicht bei wenigen Massendemos bleiben darf. Die United for Gaza Demo im Juni und die Zusammen für Gaza Demo können nur der Anfang gewesen sein. Es braucht weitere Demonstrationen, um den Druck auf die deutsche Regierung zu erhöhen. Die nächste Demo des United4Gaza-Bündnis findet bereits am 11.10. in Berlin statt. Massenmobilisierung ist natürlich wichtig, aber wir müssen dem Genozid auch materiell begegnen. Das Beenden der Waffenlieferungen ist deshalb ein zentrales Anliegen. Generalstreiks wie in Italien sind ein effektives Mittel, um dem Genozid materiell etwas entgegenzusetzen. Jedoch fehlt es dafür noch an Organisierung. Lasst uns gemeinsam eine breite und radikale Bewegung aufbauen. Egal ob du am Samstag bei deiner ersten Demo warst oder nur in den Medien davon mitbekommen hast und jetzt aktiv werden willst: organisier dich im SDS!