04. März 2024

Gemeinsame Pressemeldung von Die Linke.SDS und der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost zum Beschluss des fzs


Am vergangenen Wochenende hat der fzs, der “freie Zusammenschluss von Student*innenschaften”, auf seiner 73. Mitgliederversammlung einen Antrag beschlossen mit dem Titel “Aufforderung an die Hochschulleitungen gegen Antisemitismus vorzugehen und Juden:Jüdinnen vor Übergriffen zu schützen”. Dieser Antrag widmet sich formal dem Kampf gegen Antisemitismus, ist aber in seiner politischen Intention klar gegen alle Personen, Organisationen und Wissenschaftler:innen gerichtet, die sich kritisch zum Krieg und angehenden Genozid in Gaza äußern. Wir, der bundesweite Studierendenverband Die Linke.SDS und die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, lehnen diesen Angriff auf uns und die Wissenschaftsfreiheit entschieden ab. Die vom fzs verwendete Antisemitismusdefinition eröffnet die Möglichkeit, Personen, die die deutsche oder die israelische Regierung für ihre eskalierende Politik kritisieren, als Antisemiten zu brandmarken. Das Völkerrecht, welches als Ergebnis von internationalen und systemübergreifenden Lehren aus dem 2. Weltkrieg geschaffen worden ist, gilt auch für Israel. Darauf hinzuweisen, wie Menschenrechtsorganisationen sowie UN-Institutionen unter dem Eindruck des fürchterlichen Massakers im Gaza-Streifen tun, darf nicht pauschal als antisemitisch definiert werden. Im Gegenteil, als Teil der Studierendenschaften tragen wir Verantwortung dafür, von Rassismus und Antisemitismus betroffene Kommilliton:innen, darunter jüdische und muslimische Studierende, effektiv vor Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus zu schützen und etwaigen Vorkommnissen entgegen zu arbeiten.

Wir leben in Zeiten von erneuter Beteiligung Deutschlands an einem angehenden Genozid. Diese Brutalisierung der politischen Realitäten schadet allen: Gleichzeitig steigender Rassismus und Antisemitismus sind die Konsequenz. Wer Antisemitismus bekämpfen will, muss sich daher gegen jede Menschenfeindlichkeit wenden!

Der Internationale Gerichtshof hat mit dem Urteil vom 26. Januar 2024 der Klage Südafrikas hinsichtlich gebotener Maßnahmen zur Verhinderung eines drohenden Genozids in Gaza stattgegeben und Israel zu entsprechenden präventiven Maßnahmen verpflichtet. Der Eintritt Deutschlands als Drittpartei in dieses Verfahren und die militärische Unterstützung Israels vonseiten Deutschlands, aber auch anderer Staaten, nahm die Regierung Nicaraguas zum Anlass, am 02.03.2024 eine Klage gegen Deutschland am Internationalen Gerichtshof einzureichen. Der zentrale Anklagepunkt ist die Beihilfe zum Genozid, mit Betonung auf die Entscheidung Deutschlands dem UN-Hilfswerk UNRWA die finanziellen Mittel zu entziehen, die dringend benötigt werden, um eine Hungerkatastrophe im Gaza-Streifen zu verhindern. Gerade in Deutschland müssen die Konsequenzen aus der Befreiung vom Faschismus wach gehalten werden. Das Friedensgebot und die Universalität der Menschenrechte wollen wir auch gegen Widerstände zur Geltung bringen.

Dass sich nun die offizielle Vertretung der bundesweiten ASten dafür entscheidet, sich zu diesen vom Internationalen Gerichtshof anerkannten Fakten nicht zu äußern und die Rolle Deutschlands darin nicht zu thematisieren, nehmen wir mit Fassungslosigkeit zur Kenntnis. Zudem wenden wir uns entschieden gegen den versuchten Ausschluss von friedensmotivierten Stimmen vom Campus.

Wir fordern den fzs daher auf, diesen Beschluss zurückzunehmen. Als bundesweite Zusammenschlüsse und als friedensbewegte Studierende werden wir die Auseinandersetzung für einen sofortigen Waffenstillstand, Abrüstung und eine Aufarbeitung von Kriegsverbrechen, Genozid und Apartheid auch an den Universitäten offensiv weiterführen und für Zivilklauseln und ein Wissenschaftsverständnis kämpfen, welches sich an Frieden und Völkerverständigung orientiert.”

Gezeichnet: Die Linke.SDS und die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost