Beschluss des Bundesvorstands vom 15. April 2021

Der SDS ist ein feministischer Verband und wir leben im Patriarchat. Das muss zu Konflikten führen, an deren Ende die Überwindung des Patriarchats steht. Wie weit dieser Weg noch ist, wird immer wieder schmerzhaft deutlich. Denn das Patriarchat ist kein abstraktes soziologisches Konstrukt, sondern wirkt sich tagtäglich auf das Leben unzähliger Menschen aus.

Ein Ausdruck patriarchaler Strukturen ist sexualisierte Gewalt. Diese findet nicht isoliert, sondern sowohl physisch als auch psychisch im Kontext sexueller Handlungen oder als Audruck von Machtausübung in patriachalen Strukturen statt. Von diesen Strukturen profitieren überwiegend Männer. Denn meistens sind es Männer, die zu Tätern werden. Kein gesellschaftlicher Raum ist frei von sexualisierter Gewalt. Auch die linke Szene nicht. Es ist deswegen unsere Aufgabe, die Betroffenen dieser Gewalt und Strukturen zu unterstützten, wo wir nur können. Dazu gehört auch, die Verantwortung nicht hin zu den Betroffenen zu schieben. Ausdruck der patrichalen Strukturen ist nicht nur das Ausüben der sexuellen/sexualisierten Gewalt, sondern auch das Schweigen darüber.

Die meisten Fälle kommen aus Scham, Angst, Zweifeln oder der Zuschreibung von Teilschuld nicht zur Sprache. Betroffenen wird in vielen Fällen die Glaubhaftigkeit und Kompetenz abgestritten. Obwohl Fälle von Falschbeschuldigungen extrem selten sind, finden sich Betroffene von sexualisierter Gewalt regelhaft in einer Rechtfertigungsposition wieder.

Vorwürfen sexualisierter Gewalt muss ohne wenn und aber und konsequent nachgegangen und die Situation aufgeklärt werden. Dabei muss jegliche Unterstützungsarbeit auf Parteilichkeit basieren. Das bedeutet die Wahrnehmung der betroffenen Person wird nicht in Frage gestellt. Sie behält die Definitionsmacht über die Gewaltausübung. Dadurch verschiebt sich das Machtverhältnis hin zu den Betroffenen und sie erhalten einen Weg der patrichalen Ohnmacht zu entkommen. Der erste Schritt ist, sich patriarchale Strukturen und jene, in denen eine Täter-Opfer-Umkehr geschieht, bewusst zu machen. Doch mit diesem Wissen allein ist keiner einzigen Person geholfen. Der zweite Schritt muss die konkrete Unterstützung von Betroffenen sein, wobei sich Handlungen an den konkreten Wünschen derer orientieren sollten. Seien diese ideologisch, finanziell oder durch die Schaffung von sicheren Räumen (physisch und im übertragenden Sinne). Unsere vollste Solidarität gilt allen Betroffenen.