Wissenschaftspolitik – Technikfolgenabschätzung, Verantwortung in der Wissenschaft, Zugang zu Studium und Wissenschaft und die Möglichkeiten der Verfassten Studierendenschaft

Vom 03. – 06. August 2018 in Hannover

 

Das Wochenendseminar hat einen allgemeinen Überblick über Möglichkeiten und Grenzen von Wissenschaftspolitik an der Hochschule gegeben. Im Speziellen veranstalteten wir Vorträge, Diskussionen und Arbeitsgruppen zu den folgenden einführend gehaltenen Thematiken: Einführung in die Wissenschaftspolitik, Rolle von Wissenschaft, Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft mit dem Fokus Mittelbau beziehungsweise studentische Beschäftigte, Wissenschaft und Verantwortung, daran anknüpfend Unabhängigkeit von Forschung und Lehre, Zugang zu Studium und Wissenschaft ausländischer Student*innen, Möglichkeiten und Grenzen von Zivilklauseln sowie Bezüge der Verfassten Studierendenschaften auf umweltpolitische und mobilitätspolitische Fragen.

 

Aus den Vorträgen, Gruppenarbeitsphasen und Diskussionen leiten wir folgende Schwerpunkte sowie Perspektiven für kommende Arbeit von Studierenden ab:

– Vertiefende Beschäftigung und Auseinandersetzung mit Arbeitsverhältnissen in der Wissenschaft mit dem Schwerpunkt auf Mittelbau und studentische Beschäftigte

– Organisierung hochschulöffentlicher Debatte(n) und kritische Verfolgung von Drittmittel-Forschung für militärische Zwecke

– Vertiefende Recherche zu Möglichkeiten und Grenzen von unterschiedlichen Modellen zur Umsetzung und Ausgestaltung von Zivilklauseln

– Prüfung der Möglichkeiten von Fachschaftskonferenzen zur Verantwortung in wissenschaftlicher Tätigkeit und Technikfolgenabschätzung in der Militär- und Rüstungsforschung, sowie Sicherheitsforschung an Universitäten und Fachhochschulen (Kooperation mit Organen der Verfassten Studierendenschaft und hochschulpolitischen Akteur*innen)

– Verstärkte Zusammenarbeit mit verschiedenen Statusgruppen der Hochschulen zur Rolle und Verantwortung von Wissenschaft

– Geschichtliche Aufarbeitung verschiedener Konzepte zur Verantwortung in wissenschaftlicher Tätigkeit und Technikfolgenabschätzung in Deutschland (und Europa)

Stellungnahme des SDS-Bundesvorstands zur Menschenjagd in Chemnitz

Erschüttert und in tiefer Sorge haben wir die Berichterstattung zum rechtsextremen Mob verfolgt, der durch Chemnitz marodiert ist und Migrant*innen und Linke gejagt hat.
Wir sind zornig darüber, dass der Tod eines Mannes für die Ausschreitungen instrumentalisiert wurde. Unsere Gedanken sind bei seinen Angehörigen und allen, die ehrlich um ihn trauern.

Erst kürzlich wurden vier unserer Genossen in Oberhausen von Hools verprügelt, weil sie Sozialisten sind. Nun sehen wir, wie in Chemnitz ein Schlägertrupp von 800 Männern durch die Straßen zieht, Hitlergrüße zeigt, Migrant*innen als “Viehzeug” bezeichnet und “Zecken klatschen” will – ungestoppt von der Polizei.

Wir fühlen uns nur allzu zu deutlich an die SA erinnert.
Aufs Schärfste verurteilen wir das Versagen der Polizei Chemnitz. Der Mär von der überforderten Polizei schenken wir keinen Glauben. Denn wir wissen, wie hochgerüstet die Polizei bei linken Demonstrationen auftritt. Nicht erst seit G20 kennen wir die brutalen Eingriffe der Polizei bei Demonstrationen, wenn sie nur will.
Der Marsch der Rechten wurde gewährt und in Kauf genommen – aufgrund bewusster und systematischer Unterschätzung des Problems des Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus seit vielen Jahren und Jahrzehnten.

Der rechte SA-Mob hätte nicht in dieser Form marschieren können, wenn die AfD, in Gestalt von Markus Frohnmaier, einem lupenreinen Faschisten, die Stimmung nach dem Tod des Mannes nicht dermaßen aufgeheizt hätte. In einem Tweet fordert Frohnmaier zu Lynch- und Selbstjustiz auf. Diese Partei ist nicht mehr rechtsstaatlich, wenn sie es denn jemals war.

Die Verbündeten der Rechtsextremen bei der AfD (die sich gerne ganz parlamentarsch gibt), in Behörden, im “Verfassungsschutz”, bei der Polizei und im Staat machen solche Aufmärsche möglich. Sie machen “Zwischenfälle” wie den des LKA-Mitarbeiters und Pegida-Demonstranten möglich, der Journalisten mit Hilfe der Polizei an der Ausübung ihrer Pressefreiheit gehindert hat. Sie machen einen Komplex wie den NSU möglich, der jahrelang ungehindert rassistisch morden konnte.
Und die strukturelle Rechtslastigkeit der Behörden verhindert die Aufarbeitung solcher Vorfälle und Gewalttaten.

Während wir als Sozialist*innen und Kommunist*innen diskriminiert und kriminalisiert werden, können die Neonazis mehr oder weniger unbehelligt tun und lassen was sie wollen. Ein Staat, der solches zulässt, ist nicht unserer.

Wir danken den Antifaschist*innen vor Ort, die gestern eine Gegendemonstration auf Schnellste organisiert haben. Sie sind einer der letzten Puffer, der die bürgerliche Gesellschaft im Moment noch vor dem Abdriften in die Barbarei bewahrt. Jegliche Kriminalisierung dieser Menschen und Gleichsetzung mit den Neonazis macht sich mit dem braunen Mob gemein.

Die Fixierung auch des liberalen Spektrums auf “die Antifa”, in ihren Augen gewaltbereit, macht sie blind für das reale Problem des Rechtsextremismus und -terrorismus. Die gegenwärtige Situation zeigt einmal mehr, dass wir uns auf die Liberalen nicht verlassen können, wenn das Leben von Migrant*innen und unser Leben als Sozialist*innen bedroht und angefeindet wird.

Die Antifaschist*innen gestern in Chemnitz, die Antifaschist*innen, die sich seit Jahren Pegida- und sonstigen rechten Demos entgegenstellen, sie sind ein Bollwerk der Menschlichkeit in dieser Gesellschaft, die immer mehr in einen neuen Faschismus abdriftet, der sich lange als Kontinuität vorbereitet hat.

Wir appellieren in aller Dringlichkeit an alle: Organisiert euch. Werdet aktiv. Steht auf und sagt Nein zur Bedrohung unseres Lebens.
Und wir bitten euch in Angst: Passt auf euch auf, wenn ihr schon politisch aktiv seid und eine menschliche Position vertretet.

Kein Schlussstrich im NSU!

Der NSU war kein Trio!
Hinter den Mördern steckt ein großes Netzwerk aus rechten Kadern und deutschen Behörden.
Die Landesregierungen, die den Geheimdienst Verfassungsschutz weiter ausbauen, verhöhnen so die Opfer.

Lasst uns weiter laut und solidarisch bleiben:

Damit rechte Gewalt NIE NIE wieder normal werden kann!
Damit die schreckliche Arbeit des Verfassungsschutz endlich ein Ende nimmt!
Damit nie wieder Politik gemacht wird, die so tut als wenn es okay wäre “Ausländer” scheiße und unmenschlich zu behandeln.

KEIN Vergeben, KEIN Vergessen!

Wir gedenken Enver #Şimşek
Abdurrahim #Özüdoğru
Süleyman #Taşköprü
Habil #Kılıç
Mehmet #Turgut
İsmail #Yaşar
Theodoros #Boulgarides
Mehmet #Kubaşık
Halit #Yozgat
Michèle #Kiesewetter

Über Deutschland, Vogelschisse und Nationalstolz

Die Nazizeit sei nur ein Vogelschiss in 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte, meint der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland. Auf den Rest solle man stolz sein. Auf was eigentlich genau, fragt sich Ingar Solty, Referent für Friedens- und Sicherheitspolitik am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Ein Debattenbeitrag.

Ein undatiertes Foto, das eine Szene des Vernichtungskrieges gegen die Bevölkerung der Sowjetunion zeigt.

 

 

Heute [gestern, vorgestern…] vor 77 Jahren begann der deutsche Überfall auf die Sowjetunion. Er wurde von Anfang an als Vernichtungskrieg geplant. Der Generalplan Ost, erstellt vom SS-Reichssicherheitshauptamt und dem Institut für Agrarwesen und Agrarpolitik der Friedrich-Wilhelm-Universität (heute Humboldt-Universität), sah die Vernichtung oder Vertreibung von mindestens 30 Millionen Menschen und die Ansiedlung von vier bis zwölf Millionen Deutschen vor. Leningrad sollte vernichtet werden und wurde es: allein beim planmäßigen Aushungern der russischen Stadt starben 1,1 Millionen Zivilistinnen und Zivilisten.

Die deutschen Kriegsziele sahen vor, die slawischen Völker erst im Namen der Freiheit und der “nationalen Selbstbestimmung” in ihre Völkersplitter aufzusprengen, ihren Nationalismus gegen die Sowjetunion anzuheizen, um dann nach der Zerschlagung der Sowjetunion die überlebenden Reste als analphabetische Arbeitskräfte zu versklaven und die Rohstoffvorkommen für die deutschen Industrieunternehmen auszuplündern. Die Gebiete westlich des Ural sollten dann in eine von Deutschland ökonomisch und politisch informell beherrschte, auf privatkapitalistischem Unternehmertum beruhende, europäische Großraumwirtschaft eingegliedert werden. Im deutschen Vernichtungskrieg im Osten und der Befreiung Osteuropas und auch Deutschlands vom deutschen Faschismus starben mehr als 27 Millionen Russen. Sie trugen bei der Befreiung Osteuropas und Deutschlands vom Faschismus die Hauptlast der insgesamt 55 Millionen Toten des von Deutschland entfesselten und im Osten als Vernichtungskrieg geführten Weltkrieges.

Auf welchen kolonialen, kriegstreiberischen, feudalen oder ausbeuterischen Moment ist Gauland eigentlich genau stolz?

Der AfD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland nennt dies alles einen Vogelschiss in der deutschen Geschichte. Er will die zwölf Jahre Nazifaschismus, Krieg und Holocaust in ihrer Bedeutung für die Gesamtgeschichte Deutschlands herunterspielen, um mit Verweis auf die übrigen Jahre in “Tausend Jahren” deutscher Geschchte wieder stolz sein zu können. Lassen wir es dahingestellt sein, dass es Deutschland erst seit 1871 gibt, geboren im Krieg, geeint von oben und sehr schnell imperialistisch-expansiv, dann möchte man Herrn Gauland fragen, worauf genau er denn da eigentlich stolz ist:

Auf Jahrhunderte feudaler Ausplünderung der bäuerlichen Volksmassen und ihre blutige Niederschlagungen, als sie sich in den Deutschen Bauernkriegen des frühen 16. Jahrhnderts endlich, endlich wehrten? Auf 1.000 Jahre feutdaler und kapitalistischer Ungleichheit und Ausbeutung? Auf die Verfolgung und Verbrennung von Frauen, die sich gegen patriarchale Unterdrückung wehrten oder sonstwie unruly verhielten, als Hexen? Meint Herr Gauland Jahrhunderte der Unterdrückung von bürgerlichen Rechten und Verfolgung von Demokraten, die Tradition der deutschen Berufsverbote von den Karlsbader Beschlüssen 1819 über die Sozialistengesetze 1878-1890, die Nazi-Berufsverbote 1933ff, den Adenauer-Erlass 1950ff oder den Radikalenerlass 1972-1979?

Oder meint er vielleicht die koloniale Aufteilung der Welt auf der Berliner Kongokonferenz 1884/85 und Deutschlands Anteil am kolonialen Genoziderbe Europas (wie den Völkermord an den Hereros 1904-1908, bei dem die deutschen Kolonialherren innerhalb von vier Jahren zwischen zwei Dritteln und drei Vierteln der einheimischen Bevölkerung ermordeten)? Oder vielleicht meinen Gauland und die AfD, die sich hinter ihren Partei- und Bundestagsfraktionsvorsitzenden gestellt hat, den Ersten Weltkrieg, auf den die deutschen Herren zielstrebig zugesteuert waren (Kaiser Wilhelm 1905: “Erst die Sozialisten abschießen, köpfen und unschädlich machen, wenn möglich per Blutbad und dann Krieg nach außen; aber nicht vorher und nicht a tempo”) und in den sie das deutsche Volk hetzten (“Jeder Schuss ein Russ, jeder Stoß ein Franzos’”), während das Volk zuhause hungerte, bis es sich dann endlich, endlich von den Butterkrawallen bis zu den Massenstreiks von 1917/18 wehrte, eine Revolution erfocht, um dann in der “zweiten Revolution” von der eigenen Regierung massakriert und hier, in Friedrichshain/Lichtenberg, wo ich wohnte, sogar aus Flugzeugen bombardiert zu werden? Oder will Gauland auch einfach nur stolz sein auf die Eigentumsverhältnisse- und Nazi-Elitenkontinuität in der BRD nach 1945, auf die alten Nazis in Justiz, Hochschulen, Verwaltung, Politik, Militär und Geheimdiensten, auf die Jahrzehnte lang verschleppte Entschädigung der Opfer der Nazibarbarei?

Auf welche Momente der deutschen Geschichte wir stolz sein können

Denn bislang hat man von Gauland und der AfD ja noch keinen Stolz vernommen in Bezug auf die guten und großartigen Momente der deutschen Geschichte: auf den Mut von Menschen, sich gegen diese Unterdrückungs- und Ausbeutungsverhältnisse zu wehren, auf die deutsche Arbeiterbewegung und ihre heroische Geschichte, auf den deutschen Widerstand gegen den Faschismus, der vor allem aus und von der (revolutionären) Arbeiterbewegung getragen wurde, auf die sozialen und kulturellen Errungenschaften und das Aufarbeiten von Fehlern beim ersten Sozialismusversuch in Deutschland, auf die proletarische und bürgerliche Frauenbewegungen, die die Frauenemanzipation erkämpften und es weiter tun, auf die Umweltbewegung, die die Natur vor dem Raubbau des Kapitalismus schützen, auf die LGBTQI-Bewegung, die das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung erkämpft, die großen deutschsprachigen Künstlerinnen und Künstler, deren Werke in Auseinandersetzung mit und zumeist im offenen Gegensatz zu den herrschenden Verhältnissen entstanden und wofür sie oft eine hohen Preis zu entrichten hatten, oft in und von den Herren in diesem Deutschland verfolgt wurden.

Denn alles, was an Deutschland gut ist und war, was das Leben hier heute einigermaßen erträglich macht, wurde stets erkämpft und wird von oben, soviel wissen wir seit der Agenda 2010, nur so lange geduldet, wie es mit den Profitinteressen der ökonomisch Herrschenden vereinbar ist und wir gewillt sind, es zu verteidigen. Alles, was an Deutschland gut ist und war, war immer das andere Deutschland, das es auch noch gab, immer. Und alles, was gut ist und war, war immer international und solidarisch. Denn die Grenzen verlaufen nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten.
Nichtsdestotrotz dürfen wir auch stolz sein, auch auf Deutsches. Aber unser Stolz kann sich nur auf die Geschichte von unten beziehen, hier in Deutschland und überall auf der Welt. Weil die Siege von unten weltweit nützen den Siegen von unten hier. Und weil die Niederlagen weltweit auch Niederlagen für das andere Deutschland, für die Menschen hier sind.

Eine Welt ohne Grenzen ist machbar! – Für revolutionäre Realpolitik!

Was bedeutet es revolutionär und radikal zu sein?

Es bedeutet, fest verwurzelt (radix=Wurzel) zu sein.
 In der Überzeugung, dass die Menschenwürde und die Freiheit JEDES Menschen DIE großen Werte sind, die wir nie aufgeben dürfen.

Es bedeutet, konfrontativ zu denken.
 Da wir wissen, dass dieses Ziel nur zäh gegen die Widerstände der herrschenden Klasse erkämpft werden kann.

Es bedeutet, revolutionär zu sein.
 Da es das gute Leben nur in einer umgewälzten (=revolutionierten) Gesellschaft geben kann. In der nicht mehr das Leben Mittel zum Zweck der Arbeit ist – sondern die Arbeit Mittel zum Zweck des guten Lebens.

In diesem Sinne verlieren wir unser Ziel nie aus den Augen: Die Utopie einer freien, menschenwürdigen Gesellschaft.
Während wir versuchen die aktuelle Welt durch Zwischenschritte zur Utopie ein bisschen weniger brutal zu machen.
Und Schritt für Schritt die Freiheiten und Fähigkeiten jedes Menschen vergrößern.

 

 

Nie wieder Abschiebungen
Migration ist kein Verbrechen, sondern ein legitimer Teil der Lebensplanung von allen Menschen.
 Es gibt kaum eine menschenunwürdigere Tat als eine Abschiebung. 
Wir fordern wie schon Karl Liebknecht vor 111 Jahren: “Fort mit dem Damoklesschwert der Ausweisung!”

Asyl ausweiten und beschleunigen
Wer akut bedrohten Menschen keine Zuflucht gewähren will, hat unter dem Banner linker, emanzipatorischer, sozialistischer Politik nichts verloren. 
Unsere Solidarität bleibt grenzenlos.

Sichere Fluchtwege
Alle haben das Recht, aufgenommen zu werden, wenn sie bedroht werden. Voraussetzung hierfür sind sichere Fluchtwege.
 Das Sterben im Mittelmeer muss ein Ende haben.
Aufenthaltsgenehmigungen erleichtern.
Es ist ungerecht aufgrund völligen Zufalls, nämlich aufgrund der Geburt in einem anderen Land, tausendmal weniger Möglichkeiten und Freiheiten zu haben. Diese Ungerechtigkeit muss angegangen werden,
indem für diese Menschen die Möglichkeit vergrößert wird, in Deutschland zu leben. Das heißt, MEHR Visas und Aufenthaltsgenehmigungen LEICHTER vergeben.
Wir wollen nicht nur diejenigen in unser Land aufnehmen, die vermeintlich nützlich sind. Menschenwürde kennt keine Nützlichkeit. Menschenwürde heißt frei zu sein. Es heißt: Kommen dürfen. Bleiben dürfen. Gehen dürfen.

Legalisierung / Einbürgerung
Ein unsicherer Aufenthaltsstatus ist desaströs für jeden Menschen.
Er vereinfacht Ausbeutung.
 Migrationspolitik ist immer auch Arbeitsmarktpolitik. Restriktive Politik und Illegalisierung führen nie zu einer Begrenzung von Migration, sondern nur zur Prekarisierung der migrantischen Werktätigen. Wie im Fall von Menschen, die nur bleiben können, wenn sie Arbeit haben. Oder aber wie im Fall von Menschen die aufgrund ihres illegalisierten Status nur „schwarz“ arbeiten können und so sozial isoliert, verletzlich und ohne soziale Absicherung leben und arbeiten müssen.
Er verhindert die soziale Integration.
 Da man nie richtig in den emotionalen Status des „angekommen seins“ gelangt, wenn einem gesagt wird, dass man nur für eine Weile hier ist.

Alle Menschen sollten möglichst direkt ihre Menschen- und Bürgerrechte wahrnehmen können und in die Sicherheit der Öffentlichkeit treten können. Auch damit man sie nicht gegeneinander ausspielen kann. Dafür sind Legalisierungen und Vereinfachung von Einbürgerungen unerlässlich.

Gutes Leben ÜBERALL
Für uns ist das Bekämpfen von Fluchtursachen kein Mittel zum Zweck, um endlich wieder alleine unseren Wohlstand genießen zu können. 
Zwar hat Deutschland durch Rüstungsexporte und Militärinterventionen nicht unerheblichen Einfluss auf Fluchtursachen, aber es gibt auch noch andere politische Player in der Welt, die Fluchtursachen schaffen.

Dennoch trägt die deutsche Politik auf der internationalen Ebene eine besondere Verantwortung. Wir setzen auf Entmilitarisierung, Entspannungspolitik und solidarisches Handeln.
Wir wollen gute Lebensbedingungen für ALLE, schlicht aus dem Grund, weil die Menschenwürde jedes Menschen für uns wichtig ist.

Unser Ziel ist nicht die Elendsverwaltung der kapitalistischen Brotkrumen, sondern die Maximierung der Freiheiten eines jeden Menschen. Die Aufgabe der Linken ist es solidarische Perspektiven zu formulieren und Strukturen zu schaffen, statt bei dem aktuellen vermeintlichen Verteilungsspielraum hängen zu bleiben. Wer diesen Schritt nicht wagt, verfängt sich in einer Logik der Konkurrenz und in brutalen Verteilungskämpfen. Der Kampf verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten.

Eine Welt ohne Grenzen ist machbar.


Wer nicht für sie kämpft, verrät die Menschheit.

 

(Das ist der Text eines auf unserem Bundeskongress im Mai 2018 mehrheitlich beschlossenen Flugblatts, das wir auf dem Bundesparteitag der LINKEN vom 6. bis 8. Juni 2018 in Leipzig verteilt haben.)

Organisieren statt Spalten!

Der Bundesparteitag der LINKEN steht vor der Tür. Am Wochenende treffen sich Delegierte aus allen Regionen der BRD in Leipzig. Auch wir schicken sechs Delegierte. Vorab haben Daphne Weber (Bundesvorstand des SDS) und Jakob Migenda (Bundessprecher der Linksjugend) einen Debattenbeitrag im Neuen Deutschland geschrieben, den ihr => hier <= nachlesen könnt.

“Als LINKE müssen wir in der Lage sein, auf reale Bewegungen zu reagieren. Das geht nicht mit zentralistischer Stellvertreter*innenpolitik, sondern nur mit einer starken und zur selbständigen Aktion fähigen Basis. Die sprichwörtlichen »Tausend Augen der Partei« kommen nur dadurch zusammen, dass jedes einzelne Parteimitglied zwei Augen hat und sie zu nutzen weiß. Deshalb begrüßen wir – bei aller Diskussion über Details – die Initiativen der Parteivorsitzenden für Basis- und Kampagnenorientierung.” (Auszug aus dem Text)

Der Kampf um Befreiung ist grenzenlos, international oder er ist gar nicht

Debattenbeitrag von Daniel Anton zum „Thesenpapier zu einer human und sozial regulierenden linken Einwanderungspolitik“

Eine Einschätzung, die ich vermutlich mit den Gegner*innen einer „neoliberalen“ No-Border-Politik gemein habe, ist die Einschätzung, dass eben dieser Neoliberalismus das dominante Wirtschafts- und Politiksystem in der EU sein dürfte. Verwirrend ist dann aber für mich doch, dass so ziemlich in allen Himmelsrichtungen der Union so ziemlich das Gegenteil von unkontrollierter Zuwanderung stattfindet. Dass die Dämme und Grenzen nicht vollständig brechen (wie von Merkel so hart vorangetrieben) liegt dann wiederum vermutlich an der AfD, die dann wiederum vermeintlich den Job der LINKEN macht und sich einfach besser um die vermeintlichen Sorgen der kleinen Leute kümmert. Aber Schluss mit der Polemik, ein Vorwurf, welcher einem ziemlich schnell um die Ohren saust, wenn man das Papier von Krämer, Krellmann, De Masi und Co. kritisiert.

Was dabei stattfindet ist eine Umkehr von Tatsachen. Die Position, die in oben genanntem Papier vertreten wird und unsere Position für offene Grenzen anzweifelt, ist erstmal nichts anderes als ein Angriff auf das Programm der LINKEN. So ein Vorgang ist vollkommen legitim, aber die Autor*innen dürfen sich dementsprechend nicht über Gegenwind wundern. Man stelle sich nur mal vor, wie die Verfasser*innen (zurecht!) auf eine Aufweichung unserer programmatischen Position bezüglich Auslandseinsätzen reagieren würden.

Aber gehen wir einmal weg von der Art und Weise des Diskurses und zu den tatsächlich diskutierten Inhalten des „Thesenpapiers zu einer human und sozial regulierenden linken Einwanderungspolitik“:

> Der Vorwurf des Illusionären an der No-Border-Politik, kann man den Verfasser*innen direkt zurückgeben und zwar in Bezug auf die EU. Wer ernstlich ein EU-Programm für Seenotrettung fordert (das Auslaufen-lassen von “Mare Nostrum” und damit die Aufgabe der Rettung von geflüchteten Menschen auf hoher See, dürfte die vermeintlichen EU-Ambitionen endgültig besiegelt haben), der vergisst wohl alles, was die EU (und vor allem ihr mächtigstes Kernland) nicht alles unversucht lässt, um Menschen zurückzudrängen / ertrinken zu lassen: Abkommen mit der Türkei, ständige Push-Backs durch Frontex, Abkommen mit der libyschen Küstenwache und damit Inkaufnahme der de facto Versklavung von Menschen, das Debakel der Geflüchteten auf den griechischen Inseln…wer die EU jetzt als Retterin anfleht, der verwechselt die Brandstifterin mit der Feuerwehr.

> Das gesamte Kapitel 2 schreit schon fast nach der Unterscheidung in “guter Flüchtling, schlechter Einwanderer”. Unter anderem taucht dort die Kategorie von Mensch auf, die “lediglich ein höheres Einkommen genießen wollen”. Wie kann man später im Papier – richtigerweise – von der enormen Ausbeutung der Herkunftsländer berichten und dann hier schon fast die “Wirtschaftsflüchtling”-Nummer durchziehen?

> Bei der Beschwörung des Terrorismus, der durch die ungeregelte Einwanderung anscheinend so virulent ist: die Gefahr durch Terrorismus in Deutschland zu Schaden zu kommen, ist so dermaßen marginal. Ich lehne mich nicht weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass die Wahrscheinlichkeit meines persönlichen Ablebens durch das Überfahren-Werden durch den Bundestagsfahrdienstes der (entsprechenden) Abgeordneten auf meinem alltäglichen Weg zur Bundestags-Kantine höher ist. Wer das in einem Papier dann noch so offensiv mit der Flüchtlingsbewegung zusammenbringt, der argumentiert haarscharf an rassistischen Argumentationsmustern vorbei.

> Den (richtigen) Dauerbrenner “Fluchtursachen bekämpfen“, kann man sich in dem Papier auch sparen. Es gibt wirklich niemanden in Fraktion oder Partei, der das ernsthaft in Frage stellt. Im Zusammenhang mit dem restlichen Papier wirkt der Vorschlag alibimäßig und wirkt wie eine große Gnade gegenüber Menschen, die aus unterschiedlichsten Notsituationen ihre Heimat verlassen müssen.

Der absolute Tiefpunkt stellt für mich allerdings die anmaßende Geringschätzung des Bewusstseins der Arbeiterklasse dar. Klar gibt es auch (zu viele) Rassist*innen unter Arbeiter*innen. Aber die Behauptung, offene Grenzen (und damit Antirassismus) seien dem “weniger priviligierten Teil der Gesellschaft nicht vermittelbar” trieft vor Arroganz und ist schlichtweg Humbug. Es ist eben auch ein Teil der Arbeiterklasse, die (in Form einer Berufsschulklasse) in Nürnberg versucht hat einen Mitschüler vor der Abschiebung zu bewahren und dafür Polizeiknüppel kassiert hat, es ist eben auch ein Teil der Arbeiterklasse, der eine monatelange Kampagne in Krankenhäusern gefahren hat, um den afghanischen Kollegen Anwar (erfolgreich!) vor der Abschiebung zu bewahren, es ist eben auch ein Teil der Arbeiterklasse, der kürzlich in Eisenach Björn Höcke von einer Gewerkschafts-Demo verjagt hat. Wer einen solch schematischen Blick auf die Arbeiterklasse hat, wie in diesem Papier, der glaubt wahrscheinlich auch, dass das wählen von linken Promis ausreicht, um die Gesellschaft zu verändern und der glaubt auch nicht an eine Veränderung der Gesellschaft von unten. Die Krönung des Ganzen: die Aufgabe des internationalen Kampfes der Arbeiterklasse, wenn es national-borniert heißt: “Keine linke Einwanderungspolitik sollte eine Destabilisierung der Gesellschaft und eine Schwächung der Kampfbedingungen der ArbeiterInnenklasse durch Migration (!) billigend in Kauf nehmen, geschweige denn mutwillig herbeiführen”. Wer wahrlich internationalistisch denkt, der bezieht die Kämpfe der Arbeiterklasse egal welcher Herkunft in seine Überlegungen und seine Strategien mit ein und lehnt diese nicht offensiv ab, wie die Verfasser*innen.

Was DIE LINKE nicht sein muss, ist eine vermeintlich bessere Beraterin der Herrschenden in Fragen der Grenzpolitik. Der Kapitalismus hatte nie einfach ein Interesse an offenen Grenzen, sondern ein Interesse an einer kontrollierten Zuwanderung (und Abwanderung!). Zwei Wochen im Sommer 2015 (die in ihrer realen „Grenzöffnung“ auch gerne mal überschätzt und überbetont werden), sind noch lange kein Musterbeispiel für neoliberale Migrationsvorstellungen. Grenzöffnung, temporäre Aufenthaltserlaubnis, Saisonarbeit und auch Abschiebungen – das sind die neoliberale Ideen und Kontrollmechanismen, nicht die offene Grenze.

Was Lohnkonkurrenz und öffentliche Ausgaben angeht, hatten wir bisher eigentlich den linken Analyse-Konsens einer zutiefst ungerechten Gesellschaft, einer zutiefst ungerechten Verteilung gesellschaftlichen Reichtums und einer daraus resultierenden Forderung nach Umverteilung. Wenn nun plötzlich Arbeitsmigration als nahezu ursächlich für die sozialstaatliche Misere ausgemacht wird, dann ist das de facto eine Kapitulation vor den Prediger*innen der „Schwarzen Null“, des Gürtel-enger-Schnallen-Müssens und vor dem rassistischen Spaltpilz der Herrschenden, dem „Race to he bottom“. DIE LINKE sollte weder kapitulieren, noch dieses perfide Spiel mitspielen.

Stattdessen sollte DIE LINKE die Kraft sein, die einen Organisierungspol für antirassistische und antikapitalistische Kämpfe bildet, zusammen mit Migrant*innen und Geflüchteten. Dieses Papier trägt kaum dazu bei und hat daran scheinbar auch wenig Interesse.

Für eine linke Migrationspolitik

Debattenbeitrag von Janis Ehling, Bundesgeschäftsführer von 2015-2017, zum “„Thesenpapier zu einer human und sozial regulierenden linken Einwanderungspolitik“

Seit einiger Zeit wird in der Linken über Migration gesprochen. Ein Teil der Partei – besonders prominent Sahra Wagenknecht und die Verfasser*innen des Papiers „Zu einer human und sozial regulierenden linken Einwanderungspolitik“ setzen sich für eine Migrationsregulation ein.

Sahra Wagenknecht und andere Genoss*innen sind mit ihrer Forderungen weder Rassist*innen oder Nationalist*innen – wie manche meinen. Sie vertreten die klassischen Positionen des rechten Flügels der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften: Politik zuerst für die eigenen Mitglieder (unabhängig von ihrer ethnischen, religiösen und sexuellen Zugehörigkeit). Sahra Wagenknecht steht damit in einer langen linken Tradition der Arbeiteraristokratie (wie der alte no-border-Neoliberale Wladimir I. Lenin sagte).

Aus guten Gründen hat der linke Flügel der Arbeiterbewegung solche Positionen aber immer bekämpft. Hier sind 8 Gründe gegen diese Politik und ein Plädoyer für revolutionäre Realpolitik:

1. Wider die herrschende Moral:

Im Papier zur Migrationsregulation heißt es:

“Unbegrenzte Schutzgewährung für Menschen in Not ist etwas anderes als eine unbegrenzte Einwanderung, die auch all diejenigen einschließen würde, die lediglich ein höheres Einkommen erzielen oder einen besseren Lebensstandard genießen wollen. Im ersten Fall geht es um eine Schutz- oder Rettungsmaßnahme für Menschen in einer lebensbedrohlichen Not- oder Zwangslage. Im anderen Fall ist die Migration ein sozio-ökonomisch motivierter Akt, der weder alternativlos ist, noch den letzten Strohhalm darstellt, sondern bei dem eine Wahl unter verschiedenen möglichen Optionen getroffen wird. Hier haben die Aufnahmeländer ein Recht zur Regulierung der Migration.”

Die Verfasser*innen erwecken den Eindruck, dass sich viele Wirtschaftsmigrant*innen ganz ohne Not zur lebensgefährlichen Einreise in die EU begeben. Boshaft gesprochen: Die Verbesserung der individuellen Lebensbedingungen scheint kein “linkes” Anliegen zu sein. Das ist mindestens offenkundiger Quatsch.

Als Atheist – in dem Glauben, dass wir nur ein Leben haben – fällt es mir sehr schwer anderen zu verwehren, was ich selber habe. Aber gut, dass ist „nur“ eine moralische Position.

2. Wider die Taktik: Angenommen Wagenknecht und andere agieren nur taktisch und meinen gar nicht ernst, was sie sagen – dann stiften sie im eigenen Lager und der Gesellschaft nur Verwirrung und erlauben den Rechten ideologische Geländegewinne.

3. Wider die utopische Staatsgläubigkeit: Eine humane Regulation von Arbeitsmigration ist eine absolute Illusion. Arbeitsmigration richtet sich überwiegend danach wie Arbeits- und Lebenschancen verteilt sind. In der Migrationsforschung wird von push- (drücken) und pull-(anziehen) – Faktoren gesprochen: Unter anderem Kriege, Armut usw. push/drücken die Menschen aus den Auswanderungsländern. Pull/ Anziehungsfaktoren wie Arbeit, gesichertes, ungefährliches Leben ziehen Menschen an.

Sind die push- und pull- Faktoren stark genug, kann keinerlei Grenze die Migration aufhalten. Im Kapitalismus müssen Arbeits- und Lebenschancen aber ungleich verteilt sein. Arbeitsmigration wird also passieren – so oder so. Wie also regulieren?

Eine leichte Form der Regulation erlässt Verbote, schiebt ein bißchen ab und lässt nur ein paar Menschen an der Grenze sterben. Die US-Grenze ist da ein gutes Beispiel. In den USA leben 11 Millionen illegale ImmigrantInnen aus Lateinamerika. Dabei werfen die US-Grenzer nicht mit eben mit Wattebällchen. Noch unter Obama wurden jedes Jahr 400.000 Menschen abgeschoben.

Etwas effektivere Formen der Regulation sind beispielsweise das Ausnutzen von geografischen Hindernissen. Beispiel: Mittelmeer. Eine nicht ungefährliche Überfahrt und immerhin schon 35.000 Tote – auch dank der Reduktion der Seenotrettung – verhindern die Einreise von Millionen Menschen auch nicht.

Sehr effektive Formen der Migrationsregulation gab es beispielsweise in der DDR (aber auch die Grenze war zum Leidwesen der Grenzschützer noch recht durchlässig), aber sie hielt das Gros der Arbeitsmigration auf. (Vielleicht sollten sich Merkel, Seehofer, AfD und Co da sich nochmal beraten lassen. Im Osten gibt es da immer noch viel Expertise. Minen, Gewehre produziert Deutschland immer noch zuhauf. Ob der Mauerbau heutzutage so schnell und effektiv von statten geht, steht auf einem anderen Blatt.)

Andere Formen effektiver Migrationsregulierung sind mir nicht bekannt. Die meisten Linken haben das aus diesen Gründen abgelehnt.

4. Wider die Konkurrenz: Natürlich bedeutet Arbeitsmigration, dass es mehr Konkurrenz um Lohn, Job und Wohnungen gibt. Arbeitsmigration bedeutet auch, dass viele Menschen illegal migrieren und illegal arbeiten müssen. Das verschärft viele Probleme. Statt aber groß zu wehklagen, hat der linke Flügel der Arbeiterbewegung (und auch das linke Zentrum) stets versucht mit dieser Situation pragmatisch umzugehen und die Menschen zu organisieren, Rechte und Verbesserungen für Alle zu erstreiten um die Konkurrenz abzubauen.

Unten gegen Oben war die Devise. Die historischen ArbeitsmigrantInnen in Deutschland haben die gewerkschaftlichen Kämpfe in den 70ern sogar massiv voran gebracht. Mittel- bis langfristig zahlt es sich übrigens aus, wenn die Ankommenden von den Linken eingebunden und willkommen geheißen werden. Sie werden sich bedanken (@Bartsch und @Wagenknecht – ja auch bei Wahlen).

5. Wider das Damoklesschwert der Ausweisung: Für die historische Linke in Europa war das Thema Ausweisung präsenter. Im Deutschen Reich wurden politische Aktivisten von einem Land zum andern ausgewiesen. Abschiebung war ein beliebtes Mittel der Innenpolitik. Flucht vor dem politischen Gegner, Wehrdienstverweigerung, rettete oft genug das eigene Leben (heute Eritrea) usw. Viele der deutschen ExilantInnen arbeiteten illegal unter den erbärmlichsten Bedingungen für lange Zeit. Linke lehnen Abschiebungen daher ab!

6. Wider die Arbeiteraristokratie: Der Wohlstand hier für breitere Teile der Bevölkerung wäre ohne den Imperialismus und die Ausbeutung vieler anderer Länder nicht möglich. Einige sind daher grundsätzlich solidarisch (vielleicht ist das aber auch nur ein Lifestyle) (wem das zu naiv ist, siehe 3.). Daher streiten wir für die gesamte Arbeiterklasse!

7. Wider die Heimattümelei: Wie Lenin dereinst zu Recht anmerkte, reist die Migration die Menschen aus teils reaktionären ländlichen, religiösen und sexuellen Verhältnissen. Sie lässt die Arbeiterklasse anwachsen und ist daher als Machtressource, nicht nur als Gefahr oder Problem zu sehen (wem das zu naiv ist, siehe 3.).

8. Wider die einfachen Antworten:

Völlig unstrittig ist in der Linken, dass Fluchtursachen zuerst bekämpft werden müssen: Waffenexporte verbieten und auf diplomatische Lösungen und Entspannung setzen. Klimawandel und Naturzerstörung bekämpfen. Neoliberale Freihandelsabkommen bekämpfen. Allerdings sind das Mammutprojekte, weil sie eigentlich die Abschaffung des Kapitalismus voraussetzen, der all diese Schrecken hervorbringt. Mittelfristig können Verbesserungen zu anderen Effekten führen:

Angenommen, viele afrikanische Länder entwickeln sich durch eine bessere ökonomische Zusammenarbeit, eine andere Handelspolitik, Entspannungspolitik ökonomisch positiv – dann wird es erstmal zu viel mehr Migration kommen, sagt die Migrationsforschung. Zumindest mittelfristig müsste sich die EU dann also auf mehr Wirtschaftsmigration einstellen – diese Erkenntnis wird in der innerlinken Diskussion gerne völlig ignoriert.

Fazit: Dilemma auflösen – nicht den Kopf des kapitalistischen Staates zerbrechen

Statt sich um die richtige “Regulation” Gedanken zu machen, ob in Form eines “Einwanderungsgesetzes” oder des vorliegenden Papiers plädiere ich für mehr revolutionäre Realpolitik!

Statt sich abstrakt den Kopf des kapitalistischen Staates zu zerbrechen – sollten wir lieber für konkrete Verbesserungen streiten. Wir werden absehbar nirgends in die Situation kommen, über die sich die Genoss*innen den Kopf zerbrechen. Deshalb lasst uns doch lieber über die Bedingungen reden, die wir in unserer Lebensspanne vor uns haben:

1. Die Legalisierung aller hier Lebenden – dann kämpfen wir auch mit vielen Migrant*innen und reden/schreiben nicht nur über sie.

2. Weiterbildung/ Mindeststandards: Lasst uns für höhere Mindeststandards und Ausbildungen aller Menschen hier streiten. (Ökonomisch gesehen, hat die deutsche Ökonomie sehr profitiert von der Einwanderung – dürfte vielen der ökonomischen Fachleute unter den Genoss*innen doch eher Gefallen). Das umlagefinanzierte deutsche Sozialsystem ist augenblicklich auf Einwanderung angewiesen. Also lasst sie uns so gut es geht gestalten.

3. Sichere Fluchtwege – auch ein mehrheitsfähiges Anliegen.

4. Mehr bessere, friedliche, ökologischere und ökonomische Kooperation statt Konkurrenz in den internationalen Beziehungen. Das wird schwer genug.

Statt Utopien zu formulieren, sollten wir lieber für konkete Verbesserungen streiten!

Unsere Delegierten zum Bundesparteitag gewählt!

Das war’s!
Der #BuKo18 der Linksjugend [‘solid] ist zu Ende und wir waren dabei, um den SDS zu vertreten. Wir haben als Delegierte abgestimmt, uns in der Tagesleitung eingebracht und in der Wahlkommission mitgearbeitet. Es war anstrengend, aber auch produktiv.

Unsere SDS-Genoss*innen Katharina Schramm aus Berlin, Franziska Hildebrandt aus Hamburg (nicht im Bild), Daphne Weber aus Hildesheim, Dorian Tigges aus Marburg, Jary Koch aus Leipzig (nicht im Bild) und Marco La Licata aus Heidelberg wurden in die Delegation zum Bundesparteitag der Partei DIE LINKE im Juni gewählt. Damit sind wir Teil der Jugenddelegation mit insgesamt 30 Leuten.
Mit im Bild ist unsere Geschäftsführerin Bettina Gutperl, die in der Wahlkommission 3 Tage lang ununterbrochen geschuftet hat. Danke!

(PS: Wir haben das Bild am letzten Tag geschossen, nachdem alles vorbei war. Bitte entschuldigt daher die müden Gesichter und gebt uns Props für unsere radikale Ehrlichkeit. )

Solidarität mit Benedikt Glasl!

Pressemitteilung unseres Bundesvorstands

Berufsverbot stoppen! – Solidarität mit Benedikt Glasl

 

 

An der Ludwig-Maximilian-Universität München hat Benedikt Glasl zuerst Politikwissenschaften und anschließend Lehramt für Mittelschule studiert. Während seines Politikstudiums hat er sich hochschulpolitisch engagiert. Unter anderem war er für ein Semester Mitglied im Bundesvorstand von dielinke.SDS.

Im letzten Jahr schloss er sein Studium ab und erhielt im Frühling eine Zusage für sein Referendariat.
Im September sollte er für sein Referendariat vereidigt werden. Kurz zuvor erhielt er jedoch eine E- Mail von der Regierung Oberbayerns. Diese kündigte eine Prüfung der Verfassungstreue aufgrund seiner Mitgliedschaft bei dielinke.SDS und der Linksjugend [‘Solid] an. Dieses war für den Landesverfassungsschutz Grund genug ihn als „gefährlichen Linksextremist“ einzustufen.
Seitdem hat er, mit Unterstützung seiner Schule (Mittelschule an der Guardinistraße, München), schon ein halbes Jahr ohne Gehalt als Referendar gearbeitet.

Am 12.02.2018 hat das Bayrische Kultusministerium nunmehr einen Bescheid erlassen, der ihn „aufgrund seiner linksextremistischen Vergangenheit“ als Gefahr für die SchülerInnen einstuft und ihm jeglichen (selbst gestalteten) Unterricht verbietet.
Sein Führungszeugnis ist leer. Er wurde in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt angezeigt, angeklagt oder verurteilt. Was ihm zum Vorwurf gemacht wird, ist lediglich die Mitgliedschaft in der LINKEN nahestehenden politischen Organisationen, deren Tätigkeit, auch in Bayern, vollkommen legal ist.
Er hat dagegen Klage eingereicht.

„Wir verurteilen aufs Schärfste das Vorgehen des bayrischen Kultusministeriums und fordern die Behörde auf das Berufsverbot gegen Benedikt Glasl sofort aufzuheben“, sagt Dorian Tigges, Mitglied in Bundesvorstand von dielinke.SDS. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass Menschen, die sich (hochschul-)politisch in der LINKEN oder ihr nahstehenden Verbänden engagieren in Bayern nach wie vor mit existenzbedrohenden Repressionen rechnen müssen. Dies ist einem demokratischen Staat nicht angemessen. Daphne Weber (Bundesvorstand dielinke.SDS) stellt dazu fest: „Bereits im Jahr 1995 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Fall einer niedersächsischen Lehrerin, die Mitglied der DKP war, fest, dass eine derartige Praxis einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention darstellt.“

Ebenso widerspricht ein Vorgehen, wie es nun in Bayern wieder zu beobachten ist der „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“. Dort heißt es: „Jede Person hat das Recht, sich insbesondere im politischen, gewerkschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich auf allen Ebenen frei und friedlich mit anderen zu versammeln und frei mit anderen zusammenzuschließen (…).“

„Das menschenrechtswidrige und antidemokratische Vorgehen der bayrischen Behörden in diesem Fall stellt nicht nur für Benedikt Glasl eine existenzielle Gefahr dar“, so Roberto del Aurel (Bundesvorstand dielinke.SDS)„, sondern auch die Verfasstheit der Bundesrepublik als demokratischen Rechtsstaat in Frage.“

Repressionen gegen Mitglieder oder Sympathisanten demokratischer Parteien und deren nahestehenden Vereinen und Verbänden in Bayern kommen einem indirekten Parteiverbot gleich. Damit maßt sich die Staatsregierung nicht nur Entscheidungsbefugnisse des Bundesverfassungsgerichts an, sondern hebelt auch die, durch Artikel 10 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention besonders geschützte, Meinungsfreiheit aus.

Deswegen fordern wir:
Sofortige Aufhebung des Berufsverbots gegen Benedikt Glasl!!
Ein Ende der Repressionen gegen demokratisch engagierte Studierende in Bayern!! Hochschulpolitik ist kein Verbrechen!!

#SolidaritätMitBenedikt