Statement von Die Linke.SDS zum Antrag der Bundesregierung „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur militärischen Evakuierung aus Afghanistan“ vom 25.08.2021
Am Mittwoch (25.08.2021) soll der Bundestag einem erneuten Kriegseinsatz in Afghanistan zustimmen. Als Die Linke.SDS treten wir ganz klar für ein NEIN zu dieser versuchten Fortsetzung der gescheiterten NATO-Kriegspolitik ein.
Dieses militärische Manöver soll mit 600 bewaffneten Soldat*innen, ohne personale und räumliche Begrenzung (!), und unter Berufung auf die Zustimmung der Regierung der Islamischen Republik Afghanistans, erfolgen. Die Islamische Republik Afghanistans existiert aber de facto seit dem 15.08.2021 nicht mehr. Da sie aber immer noch den Sitz in den Vereinten Nationen beherbergen, versucht die Bundesregierung unter Anrufung auf die Zustimmung einer nicht-existierenden Regierung, so zu tun als wäre ein militärischer Einsatz völkerrechtlich abgesichert. Dies ist nicht der Fall. Damit versucht die deutsche Regierung sich erneut in imperialistischer und kolonialer Mentalität statt auf Diplomatie und Völkerrecht zu setzen, in dem der gescheiterte und verheerende Krieg in Afghanistan verlängert werden soll.
Es gibt keine Notwendigkeit für eine militärische (!) Intervention, im Gegenteil muss die Logik des Militarismus beendet werden, damit zivile, demokratische und diplomatische Strukturen und Initiativen, insbesondere in und mit der UN, entwickelt und gestärkt werden.
Die deutschen Presseberichte über die chaotische Situation am Flughafen in Kabul sollten nicht als Rechtfertigung für ein militärisches Vorgehen verwendet werden.
Momentan sehen wir im Vorgehen der Bundesregierung und den Berichten darüber den Versuch, die Evakuierung der Menschen als große humanitäre Aktion darzustellen, um zu versuchen diesen 20-jährigen Einsatz medial eine humanitäre Wendung zu geben. Fakt ist, dass in diesem 2001 völkerrechtswidrig gestarteten Einsatz 200 000 Afghan*innen ihr Leben ließen und Millionen in die Flucht trieben. Die Staaten und Militärs, die sich am Flughafen jetzt als die großen Retter geben, haben dieses Leid zu verantworten. Unter dem Vorwand eines „Kriegs gegen den Terror“ wurde unter Instrumentalisierung der Anschläge vom 11.9.2001 versucht, eine neue Ordnung im Nahen Osten unter US-Hegemonie zu etablieren, den militärisch-industriellen Komplex mit neuen Profiten zu versorgen, Russland und China weiter zu bedrängen und sich als NATO-Staaten Rohstoffe unter den Nagel zu reißen. Der Plan war die Eroberung der Staaten in der Linie Afghanistan, Irak, Syrien und zuletzt Iran. Diese imperialistische und neokoloniale Regime-Change-Politik ist nun endgültig gescheitert und damit auch die US-Hegemonie global in die Phase ihres Endes gelangt.
Als LINKE waren wir stets die einzige Fraktion im Bundestag, die konsequent allen diesen Kriegseinsätzen mit NEIN entgegengetreten ist. Wir fordern, dass es auch so bleibt: Zum erneuten Bundeswehreinsatz in Afghanistan im Bundestag mit NEIN stimmen! Wir fordern erneut den Rückzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen weltweit. Wir kämpfen als Teil der internationalen Friedensbewegung für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung, das Verbot von Rüstungsexporten, internationale Kooperation (u.a. durch die Aussetzung der Impfstoff-Patente) und die Stärkung der UN-Institutionen.
Die Bundesregierung, die schon vor Monaten die Verantwortung für Ortskräfte gepredigt hat, hat es nicht einmal geschafft für die Kollaborateur*innen, die sie mit ihrer Zusammenarbeit gefährdet haben, eine Evakuierung möglich zu machen. Jetzt ist es an der Zeit, dass das Grundrecht auf Asyl auch in der BRD realisiert und unbürokratisch gewährt wird, um mit zivilen Personal möglichst viele Menschen zu evakuieren.
Die Evakuierung aller (!) schutzbedürftigen und gefährdeten Personen aus allen Teilen des Landes kann aber nur unter Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention durchgeführt werden. Dies sollte in Zusammenarbeit mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und den UN-Sonderorganisationen wie World Food Program und dem Internationalen Roten Kreuz erfolgen. Schon rein praktisch sind kompetente und erfahrene zivile Organisationen deutlich sinnvoller für die Evakuierung einer großen Zahl von Menschen.
Wir treten ein für: 1. Sofortige Einrichtung einer zivilen Luftbrücke, um akut gefährdete Menschen und ihre Familien nach Deutschland zu holen. 2. Schutz und Aufnahmeprogramme für alle Afghan*innen, die von den Taliban verfolgt werden. 3. Direkte Aufnahme der Menschen aus Afghanistan durch die bereitstehenden Länder und Kommunen in Deutschland ermöglichen. 4. Die Einrichtung von sicheren Fluchtwegen für alle Menschen, die das Land verlassen wollen. 5. Sofortiger Abschiebestopp und Bleiberecht für Afghan*innen in Deutschland. 6. Wiederherstellung des Grundrechts auf Asyl in der BRD.
Die afghanische Bevölkerung braucht unsere und internationale Solidarität. Der völkerrechtswidrige Krieg ist gescheitert und muss beendet, nicht verlängert, werden. Das muss die Lehre aus der Befreiung von deutschem Faschismus und Weltkrieg und aus 20 Jahren Krieg, Tot und Vertreibung in Afghanistan sein. Daher fordern wir alle Fraktionen im Bundestag auf, diesen Kriegseinsatz abzulehnen.
Als Die Linke.SDS rufen wir alle Studierenden auf, sich an Kundgebungen der Friedens- und Flüchtlingssolidaritätsbewegung zu beteiligen, insbesondere an den Aktivitäten am Antikriegstag, den 1. September. Wir wollen in unseren Hochschulen für die zügige Aufnahme von afghanischen und allen Geflüchteten ins Studium wirken. Wir engagieren uns weiter und intensiv für Zivilklauseln als Selbstverpflichtung der Wissenschaft, rein zu zivilen Zwecken zu arbeiten. Wir setzen uns dafür ein, dass in den Hochschulen aufklärerisch über den Kriegseinsatz in Afghanistan diskutiert wird und an zivilen Lösungsperspektiven gearbeitet wird.